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Aufwärts
Jahrgang 4, Nr. 22 (November 1, 1951)
"Immer in die Fresse", pp. [8]-[9]
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gerunterreiþen? Am Turnierleitertisch sitzt litzt Willi M¸ller aus K–ln, siebenfacher keutscher Schwergewichtsmeister der Ama- leure, Profi-Europameister von 1939 und 1951, tin tadelloser Sportsmann, ein sauberer K"mpfer, geehrt und geachtet von allen piten Sportlern. Vor der Pause hat er noch riechisch-r–misch gegen Constantin San- orineos, Griechenland, gek"mpft. Ich weiþ "cht mehr, wer gewonnen hat. Ist auch ddct wichtig. Denn ich habe selten einen o sch–nen und fairen Ringkampf gesehen. 'wei M"nner maþen ihre Kraft in dem "lte- ten Sport, den es gibt. Jede ihrer Bewegun- en war ausgeglichen und sch–n. Es sah ist aus wie ein Spiel. Mit m"nnlicher Kraft ad ge¸bter Technik versuchten sie einan- [er zu bezwingen, immer sauber, immer bir, ohne Haþ aufeinander, keineswegs aghaft: Auch hier wirbelten die schweren K–rper durch die Luft, schlugen hart auf den oden, auch hier st–hnte der eine unter dem chmerzhaften Griff des anderen. Aber wie aterschied sich dieses Ringen vom Catch! lnd: Niemand tobte, niemand schrie. Jeder uns. Was anderes tun? Ich habe lediglich eine Lehre abgeschlossen. Seitdem stehe ich im Ring. Bald 25 Jahre. Glauben Sie, mich nimmt noch einer f¸r vern¸nftige Arbeit? Kennen Sie August Ahrens? Tadelloser Rin- ger! Mehrfacher Deutscher Meister. Aber catchen konnte er nicht. Am 20. Juli hat er sich aufgeh"ngt. Bettelarm war er gewor- den. Niemand nahm ihn mehr. Kennen Sie Helmut Kreisch? Ein sauberer Sportsmann! Fuhr nach Osnabr¸ck zum Turnier. Wurde wieder nicht angenommen. - Am liebsten m–chte ich dich kaputtschieþen, sagte er dem Veranstalter. Auf der Heimfahrt machte er Schluþ mit seinem Leben. Kennen Sie Grabowski? Ein K–nner! Erstklassig in Grie- chisch-R–misch. Aber kein Catcher. Nun sitzt er da. - Ich mache jetzt auch Freistil, wenn es sein muþ, schreibt er mir. Hast du nichts f¸r mich? F¸r ein paar Mark w¸rde ich es machen. - Ich kann ihm nicht helfen. Der- weil kassiert in Hannover ein bekannter Veranstalter aus Hamburg mehr als 2000 Mark je Abend. Mit Catch. Entschuldigen Sie die Ehrlichkeit: Der Haken liegt beim Publikum. Das rennt zum Catch. Gute Ring- k"mpfe bringen nichts mehr ein." "Wir vertreiben die Sorgen des Tages." Drauþen treffe ich Henggeler und Waniek. Friedlich stehen sie jetzt beisammen. Ich sage ihnen meine Ansicht. Waniek lacht: ,Immer in die Fresse", sagt der Roastbeef- Gast von nebenan und will was sehen f¸r sein Geld. ,Beim Catch ist alles erlaubt.' Fotos: Weck (41, Dick (2) Hoffmann (1). _ ? g t 9 c Jd11 1/ e S´´c>>d¸'4-. , ei91 .Huch, der macht ihn ja tot!e Keine Angst, gn"dige Frau. Die Kerle sind etwas ge- w–hnt und halten allerhand aus. Und unter uns: Vieles ist nur Bluff! Willi M¸ller, 7facher deutscher Schwer- gewichtsmeister, Europameister 1939 und 1951, als Zuschauer. Was er als Sports- mann. denkt, verr"t sein Gesicht . . . war gefangen von einem sch–nen Erlebnis. Und doch geh–rt Willi M¸ller zu diesem Unternehmen, das den Catch auf seine Fahne geschrieben hat und so nebenbei auch den alten griechisch-r–mischen Ringkampf be- treibt. Da sitzt er nun in der ersten Reihe, didht vor dem Ring, und beobachtet mit be- denklichem Gesicht das Kampfgeschehen. Was tut ein Mann wie Willi M¸ller in die- sem Zirkus? Man m¸þte mit ihm sprechen. Hinter den Kulissen - Mister Moneymaker Irgendwo hinter den Kulissen sind die Ka- binen der K"mpfer. Da bringt mich Willi M¸ller hin, und ich sitze einem Mann gegen- uber, der im europ"ischen Ringsport einen Namen hat. Dem sage ich meine Bedenken. Er nickt: "Sie haben recht. Catch hat mit Ringkampf nichts zu tun. Catch ist Sensa- tion. Wir m–gen ihn nicht. Einem guten Sportler ist er zuwider. Aber das Publikum will es. Und die Veranstalter machen Geld damit. Wissen Sie, was ein Manager ist? Die Kerle haben sich jetzt auch bei uns breitgemacht. Sie haben Geld. Sie kaufen sich Leute, um noch mehr Geld zu machen. Mit Catch. Wenn keiner von uns will, nehmen sie irgendwelche Ausl"nder. Die k–nnen oft nidct einmal ringen. Sie k–nnen nur cat- chen. Aber sie finden ihr Publikum. Und bringen Geld. Nicht mitmachen, meinen Sie? Haben Sie eine Ahnung. Die machen es einfach ohne Das steht groþ an der Kasse. Vielleicht ist es zu Reklamezwecken angebracht. Jedenfalls st–rt sich niemand daran, weder der Saalbesitzer, noch der Veranstalter, noch die Polizei, am wenigsten die Jugendlichen selber. Jeden Abend hellen sie den Saal f¸llen: Catch zieht sie besonders an. "Unser Sport ist ein Sport wie jeder an- dere. Wir vertreiben die Sorgen des Tages. Auf unsere Art. Hart ist jeder Sport. Ge- wiþ, kleine Affekthandlungen kommen bei uns h"ufiger vor. Das liegt an der Sportart. Wir bem¸hen uns aber vorbildlich zu k"mp- fen. Wir nehmen uns vor, jeden Abend fair zu sein. Aber das ist Temperamentsache. Manchmal gehen einem die Nerven durch. Wie ¸berall." Und Henggeler meint: nWenn er's zu toll treibt, revanchiere ich mich schon"' Zusammen ziehen sie ab. Gerade ist der letzte Kampf vor¸ber. Ge- rade wird der letzte Verlierer aus dem Ring getragen. Der Saal leert sich. Die Mu- sik spielt: Auf Wiedersehn, auf Wieder- sehn, bleib nicht solange fort!" An der groþen Tabelle werden die neuesten Ergeb- nisse eingetragen. Da f"llt mir auf: Willi M¸ller hat noch nicht ein einziges Mal ge- catcht. Hat er's noch nicht n–tig? Kann er noch, getragen von K–nnen und Ruf, ge- wissen Herren die Stirn bieten? Wie lange noch? Nicht rundweg verdammen. Man soll Berufsringk"mpfe nicht rundweg verdammen. Unter den Profis der Matte sind viele saubere Sportsleute, die uns viel zu bieten haben. Man sollte sich aber davor h¸ten, aus Sensationsgier in Catch-Veran- staltungen zu rennen, die mit Sport nichts mehr zu tun haben. An uns, dem Publikum, liegt es, wann dieser Unfug endlich aufh–rt. 7
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