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Aufwärts
Jahrgang 4, Nr. 4 (February 24, 1951)
Bergien, Alfred
Bunda, der Karpatenbär, pp. 10-11
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ALFRED BERGIEN l3ae4sda dekC4 ~ o.& Die Schlucht, die ¸berbr¸ckt werden muþte, war breit, und wir Br¸ckenbauer hatten uns auf eine langfristige Montage eingerichtet. Das Lager lag tief in der Schlucht, aus der die Felsw"nde j"h emporstiegen. Nachts schien ein atemloses Keuchen ¸ber den Wald gebreitet, und aus den Gr¸nden stiegen T–ne und Laute, die wir nie zuvor vernommen. Aber die Tage waren voll weicher, z"rtlicher Sonne, und in den W"ldern wuchs die rote Preiselbeere. Die tiefe Stille der unbewohn- ten Weite rauschte wie der Wellenschlag eines unendlichen Meeres. Als es in den Herbst hineinging, wurden die rum"nischen Hilfsarbeiter unruhig. Sie dr"ngten darauf, B¸chsflinten anzuschaffen. .Wenn der Hirte von den Bergen steigt, folgt der B"r', sagten sie. Abends saþen sie um den qualmenden Holzstoþ, trotz des milden Herbstes in die warme Bunda geh¸llt, und erz"hlten sich B"rengeschichten. An einem Morgen, der klar und fernenfrei aus der Nacht wuchs, sahen wir einen B"ren ¸ber einen der kahlen Gipfel ziehen. Furcht- los und ohne Scheu trottete er dahin, und selbst das Dr–hnen der Preþlufth"mmer st–rte ihn nicht. An diesem Tage brachte Hein Larssen, der Kolonnenf¸hrer, einen Wolfshund aus dem Tale mit. Es war ein starkknochiges Tier, gutm¸tig und von seltener Anh"nglichkeit. Schon in der folgenden Nacht wuþten wir, daþ der B"r um das Lager strich. Der Hund war unruhig. Er lag am Zelteingang mit ge- str"ubtem Nackenhaar und entbl–þtem Fang und knurrte drohend. Nun bekamen wir auch Flinten, richtige, ausgezeichnete Kugelgewehre. Es ist etwas Eigenes mit diesen Dingern. Man kann sie nicht in der Hand halten, ohne ¸ber Kimme und Korn zu visieren und einen Schuþ aus dem Lauf zu jagen. Aber es war nicht weit her mit unserer Schieþkunst. Nur Tom Hat- kins, der aus den Olfeldern kam und als Fachmann f¸r Gesteinsbohrungen zu uns ge- stoþen war, schoþ gut. Bis dahin hatten wir uns niemals bedroht gef¸hlt. Von den B"ren wuþten wir nicht viel. Was die Rum"nen erz"hlten, nahmen wir nicht als bare M¸nze, und die Geschich- I 0 V;, da Gama. portugiesIscher Seefahrer, geboren um 1469 in Sine (Portuga). Hr wollte eine Seefbaht um das Kap der Guten Hoffnung herum nach Indien finden. verlieþ 1497 Lissabon, gelangte nach CClcut, dem Mit telpunkt des indischen Gewllerzhandels, und gr¸indete portuglesdisc Pktoreien, 1503 kehrte er mit 13 eidi beladenwen Schiffen nach Portugal zu- r(icL Ging- 1524 a ViekOig nach Indien und stab dort im selben hre. Peter HemIetn4 deutscher Uhrmacher, lebte von 1480-1542 in N¸rn- berg und verfertigte um 1500 die erste Taschen- uhr. Sie bestand aus Eisen. besaþ nur einen Zei- ger und lief 40 Stunden. Heulein benutzte eine Sdcweinsborste an Stelle der heutigen kleinen Spiralfeder, die zur Regulierung des Gangwerks diente. Diese sogenannten Sae&uhren, hieþen wegen des Herstellungsortes sp"ter N¸rnberger Eier-. Pleter Bruneghel der Aeltere, niederlandischer Maler um 1525 in Bruegbel geboren. ist der Stammvater einer be- rhumten niederlandis:hen Malerfamille. In seinen l"ndlichen Festen und Bildern schildert er auf humoristsdie Weise in kr"ftigen parben das Le- ten, die wir selbst aufzuw"rmen hatten, waren zahme, blasse Erinnerungen an Tanz- und Zirkusb"ren. Seit die B¸chsen da waren, war dies anders. Der B"r muþte weg. Einige behaupteten steif und fest, daþ sie in der Nacht keinen Schlaf mehr f"nden. Aber jetzt grinsten die Ru- m"nen, und sie begannen bereits, um das Fell zu w¸rfeln. Eines Tages, die Gipfel der Berge waren noch von ged"mpftem Sonnenlicht umflossen, aber in der Schlucht wuchs die D"mmerung bereits, sahen wir den B"ren wieder. Er stieg gem"chlich ¸ber den Beerenhang. Hin und wieder sahen wir den braunen Pelz zwischen dem niederen Kr¸ppelholz aufleuchten. Tom Hatkins lag bereits auf einem Haufen Schwel- len und wartete auf eine Schuþgele'genheit. Hein Larssen auch, aber der Narr wollte frei- h"ndig schieþen, und er visierte so lange, bis ihm die Augen in Wasser schwammen und er den ganzen Berg f¸r einen riesigen Zottel- pelz ansah. Pl–tzlich gab es L"rm am Ausgang der Schlucht, dort, wo der Koch die leeren Kon- servenb¸chsen ablud. Es h–rte sich an, als sei der ganze B¸chsenhaufe in Bewegung geraten, so rappelte, sch¸tterte, dr–hnte es. Puma jagte in langen, federnden S"tzen hin¸ber. Wir hinterdrein. Es war ein possierliches Bild, das sich dort bot. Ein kleiner B"r, ein ganz junges Kerlchen noch, tanzte verzweifelt auf dem B¸chsen- berg herum. In seiner Naschgier war er ¸ber einen leeren Honigtopf geraten und hatte sich das Ding so ungl¸cklich ¸ber den klobi- gen Sch"del gest¸lpt, daþ er nicht mehr frei- kommen konnte. Urkomisch war es, wie er sich mit allen vieren zugleich m¸hte, den l"stigen Helm loszuwerden und gleichzeitig der unangenehmen Menschenwitterung zu entfliehen. Wie ein Trunkener war er, dem Lausbuben den Zylinder ¸ber das Gesicht gezogen haben. Wir lieþen uns Zeit, das k–stliche Schauspiel ausgiebig zu genieþen. Pl–tzlich kam ein Poltern den Hang herab. Es h–rte sich wie Steinschlag an, und wir achteten nicht darauf, fuhren aber erschrocken zur¸ck, als die plumpe Gestalt der B"rin aus dem Wald st¸rzte. In ihren kleinen t¸cki- schen Augen loderte ein wildes Feuer. ben der Bauern seiner Heimat. Er ¸bte qrfþen Einfluþ auf die Malerei seiner Zeit aus. Blaise Pasaca franz–sischer Mathematiker, Physiker und Philo- soph. Von 1623-1662. Er war fr¸hreif und ent- deckte schon als Dreiundzwanzigj"iriger die Ge- setze der Lufts&hwere; er begr¸ndete die Wahr- scheillidckeitsrechnung, lieþ als einer der ersten H–henmessungen mit dem Barometer anstellen. Er- fand eine Rechenmaschine und die hydraulische Presse. Ber¸hmt die gedankentiefer Schriftsteller. Robert Kodl, Begr¸nder der modernen Bakteriologie und wis- senschaftlichen Bek"mpfung der Infektionskrank halten. 1832 entdeckte er den Tuberkelbazillus, 1884 In Indien den Kommabazillus (Erreger der Cholera) und erfand 1890 das Tuberkutin (Impfstoff gegen die Tuberkulose). Er bek"mpfte Malaria und Rinderpest und gr¸ndete das groþe Forschungs- institut .Robert Koch'. Lebte von 1843-1910. Wibur Wright, amerikanischer Flieger von 1867-1912, baute mit seinem Bruder Orville zuerst ein Gleitflugzeug, das sie sp"ter mit einem Motor versahen. 1903 konnten sie sich mit dieser Maschine wie V–gel frei und zielbewuþt in der Luft bewegen. Doch sie hielten bis 190 diese Erfolge geheim. Wilbur Wright erregte auch In Europa Aufsehen mit seinen Fl¸gen. Wir haben sp"ter noch stundenlang dar- um gestritten, wie es wirklich war. Einig wurden wir uns nie. Genug, die B"ren tauch- ten wieder im Wald unter, ehe wir zur Be- sinnung kamen. Nur der Honigtopf blieb als zerkn¸llte Blechmasse zur¸ck. Aber Tom Hatkins lag schon wieder im An- schlag. ,Wenn er ¸ber den Kamm geht, brenn ich ihm eins auf', sagte er. Ich lachte ihn aus. Die Entfernung schien mir zu groþ. Es t"uschte. Der B"r kam, und er fiel beim ersten Schuþ. Ja, der Mensch ist doch das st"rkste der Gesch–pfe, wenn er nur genugAb- stand von der Gefahr hat. Als wir hinauf- kamen, hockte der Jungb"r auf seinen Keulen neben der toten B"rin, und er jammerte wie ein Kind. Wir standen eine lange Weile tief ergriffen, und pl–tzlich erhob sich der Kleine und kam in plumpen, tolpatschigen Bewe- gungen auf mich zu. Ich nannte den kleinen B"ren Bundas und nahm ihn in mein Zelt. Vom gleichen Tage an war Hein Larssen mir spinnefeind. In manchen Dingen war er ein komischer Kauz, zweifellos ein guter Montagef¸hrer, aber ein Mensch, der die Rechte, die ihm daraus erwuchsen, auch auf die privaten Bereiche ausdehnen wollte. Ich hatte mich schon mehr- mals mit ihm gehabt. Einmal auf einer rum"- nischen Bauernhochzeit wegen eines M"d- chens, zum andernmal wegen Puma, denn er wollte es nicht leiden, daþ der Hund in mein Zelt kam. Bei dem M"dchen hatte er den k¸rzeren gezogen, aber so ein Hund reagiert auf die gr–þere Wurst, und die hatte Hein Larssen, denn er war nebenbei Magazinver- walter. Nun "rgerte es ihn, daþ der B"r zu mir gekommen war und nicht zu ihm. Aber so ein B"r weiþ nichts von Rang und Titel. Tags¸ber strolchte der B"r durch das Lager, und es muþte manches Auge zugedr¸ckt wer- den, denn so ein junger B"r ist wie ein Laus- bub, dessen Tag von dummen Streichen an- gef¸llt ist. Zum Gl¸ck mied Bunda das Zelt des Montagef¸hrers. Ich nahm an, daþ er dem Hund aus dem Wege ging, denn der lag dort den ganzen Tag und blinzelte faul und tr"ge in die Sonne. Im September fiel bereits der erste Schnee. Die W"lder flammten noch in Rot undGold, aber die Gipfel der Berge waren von schwe- ren Wolken verh¸llt, und von den H"ngen leuchtete der Schnee wie eine dicke Schicht weiþer Watte, aus der die B"ume wie Besen- ruten ragten. An einem solchen Morgen fanden wir Puma in einer Schlagfalle, die von den Rum"nen f¸r die W–lfe aufgestellt war. Der Hund blutete aus vielen Wunden und hatte offen- sichtlich einen schweren Kampf hinter sich. Neben ihm lag Bunda, und der B"r r¸hrte sich nicht. Aus einer groþen Kehlwunde kam dickes schwarzes Blut.
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