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Aufwärts
Jahrgang 2, Nr. 19 (September 10, 1949)
Biedorf, Wihelm
Wiedersehen mit Amsterdam, p. 5
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WIEDERSEHEN MIT AA Im Expreþzug nach Amsterdam (Expreþz¸ge verdienen in Holland ihren Namen!) schimpft ein Amerikaner kurz vor dem Abschluþ seiner Europareise laut und polternd ¸ber den hohen Lebensstandard der europ"ischen V–lker und kehrt immer wieder "rgerlich zu der Feststellung zur¸ck, daþ die ameri- kanischen Steuerzahler f¸r all den äLuxus' aufzukommen haben. Die Engl"nder sind das wesentliche Ziel seines Zornes. Die Deutschen kommen etwas glimpflicher weg. Das mit einem starken Schuþ Humor gew¸rzte Schimpfen ebbt erst ab, als der Zug sein scharfes Tempo verlangsamt und kurz danach in die Centraal-Station Amsterdam einl"uft. Die erste Sorge des Deutschen, der viele Schwierigkeiten in den Konsulaten der be- d"chtigen Holl"nder -¸berwinden muþte, um noch gerade rechtzeitig das Einreisevisum zu erhalten und nun ein Wiedersehen mit Amsterdam erlebt, ist auf die Umwechslung der Dollar-Reiseschecks gerichtet... Unter strahlender Julisonne liegt Amster- dam, die gr–þte und bedeutendste Stadt V–lk. Hollands und seiner ¸berseeischen Gebiete, 1945 das Herz der Niederlande - wie seine Be- 1945 wohner es mit Stolz nennen -, die Stadt Erinn der vierzig Museen, der zwei Universit"ten, Zorne ein Knotenpunkt des internationalen Land-, Gl¸ck See- und Luftverkehrs, eine Metropole des die nm Handels und der Industrie, eine Stadt mit den b 800 000 Einwohnern. bomb Die Erinnerung an den milit"rischen Uber- herrli fall im Jahre 1940 und an die lange Be- ber¸h Setzung ist noch nicht verblaþt. Selten ver- Rijksi s"umt ein Holl"nder im Gespr"ch mit dem nerun Deutschen darauf aufmerksam zu machen. niede Und wenn die Unterhaltung mit dem ein- Hals, fachen ãMann auf der Straþe-und mit dem Kan"l Gewerkschaftskollegen auch schnell zum dams, normalen und manchmal sogar zum herz- ziehe: lichen Ton zur¸ckfindet, so ist die k¸hle Br¸ck Reserve des offiziellenHollands doch unver- aller kennbar. Wenn der Vertreter des Ministers des g voor economische Zaken - "uþerlich ein auf t typischer, wohlbeleibter ruhiger Holl"nder - Mijnl in der franz–sischen Er–ffnungsrede zur sesse Konferenz, der unsere Reise galt, ganz Wech unholl"ndisch mit gallischer Sch"rfe die In- schwc vasion der Niederlande durch Nazi-Deutsch- Es si land bespricht und peinlich lange bei diesem somir Thema verweilt, dann erkennt der Deutsche gr–le. zu seinem Schmerz, daþ das Wachsen der von a Gef¸hle guter Nachbarschaft noch eine lange Stanc Zeit brauchen wird, bis zum Segen beider k–nne Groþe Halle im Rijksmuseum (Amsterdam) kehr spiel( singe Arbe seme dijk Werf m"nn singe Arm Ben busse schmi und Nord Jugei An c der I Zug Landi Jugei Nach Gren und Nach niem. är die Erlebnisse der Jahre 1940 bis bei den Holl"ndern keine erregenden erungen mehr wachrufen, die die esadern schwellen. liches Amsterdam! Unzerst–rt stehen Lodernen Kaufl"den und B¸roh"user in )reiten Groþstadtstraþen, die keine zer- ten Tr¸mmerfelder kennen, stehen die chen alten Kaufherrenpal"ste an der imten Heerengracht. Noch birgt das museum seine kostbaren Sch"tze, Erin- ngen an die groþe Sternenstunde der rl"ndischen Kunst, an Rembrandt, Frans Vermeer van Delft. Uber die f¸nfzig Le, die das weite Halbrund Alt-Amster- , "das Venedig des Nordens', durch- n, gleiten flotte Motorboote, ¸ber den en und Anlegestellen wehen die Fahnen Nationen im Sommerwind (die Fahnen groþen Nachbarlandes sind nicht dabei), dem boulevardartigen Damrak sitzen ieer und Mijfrouw gem¸tlich im Rohr- 1 vor den Restaurants und kippen im hsel ihren Kop Koffie und die groþen eren Genever. ngt und klingt in Amsterdam und im ierlichen Holland. An den Straþenecken n die gewaltigen Drehorgeln, die nur mehreren starken. M"nnern von (Einem dort zum anderen gefahren werden an. Uber den brausenden Groþstadtver- klingeln von den T¸rrnen die Glocken- e ihre Melodien. In den Restaurants n die munteren Kellnerinnen bei ihrer it, in den vielen Vergn¸gungsetablis- nts der Kalverstraat und des Nieuwen- singen die Matrosen. Auf den groþen ten am breiten Ij singen die Werk- ner im Takt der Hammerschl"ge, es n die Liebespaare, die abends Arm in nebeneinander radelnd durch die Stra- fahren. Und es singt in Reiseomni- ;n, in den Eisenbahnwagen, auf den acken Schiffen der Hafenrundfahrten auf den leuchtenden Badepl"tzen des seestrandes die ferienfrohe holl"ndische .nd. liese starke, flachsblonde Jugend muþ Deutsche lange denken, wenn ihn der wieder zur¸ck zur Grenze des sch–nen es tr"gt. Wird diese Jugend einmal der ild unseres Landes zum Gruþ des guten bars die H"nde ¸ber die dreifarbigen zz"une reichen? Sie haben freundliche gute Gesichter, die blonden Jungen im barland! -Wir wollen und d¸rfen sie als wieder unter dem Stahlhelm sehen! Wilhelm Biedorf 8 8' die Schweizer turopahilfe' das Schwer- gewicht ihrer finanziellen Unterst¸tzung auf Westdeutschland, insbesondere auf die L"nder Nordrhein-Westfalen, Rhein- land-Pfalz und Hessen, legen will, um durch Ausbau von Lehrlingsheimen eine betr"chtliche Anzahl offenstehender Lehrstellen mit Lehrlingen besetzen zu k–nnen? vom 7. bis 10. August in Br¸ssel die in- ternationale Konferenz der Christlichen Arbeiterjugend stattfand, auf der der deutsche Delegierte Ludwig Paillon be- sonders auf die schwierige Lage der jungen deutschen Arbeiter hinwies, die infolge der Demontagemaþnahmen un- verschuldet ihre Arbeitspl"tze verloren haben? bei einem Internationalen Jugendfest in Venedig 50 deutsche Teilnehmer einge- laden waren, die im Anschluþ daran als erster Gruppenbesuch deutscher Jugend- licher nach dem Kriegsende eine zehn- t"gige Reise durch Italien unternahmen? nadC amtlichen statistischen Feststellun- gen sich die Zahl der Jugendlichen von 12 bis 20 Jahren innerhalb des west- deutschen Bundesgebietes auf 5,4 Milli- onen bel"uft? der Bedarf an Bergbaulehrlingen in Nordrhein-Westfalen nicht befriedigt werden kann, trotzdem der 14- bis 16- j"hrige im ersten Lehrjahr bereits 102 DM ausbezahlt bekommt, der l6j"hrige sogar 137 DM und auþerdem j"hrlich einen Bekleidungsgeldzuschuþ von 150 DM sowie 18 bis 21 Tage Urlaub ge- w"hrt werden? etwa die H"lfte der in diesem Jahr in Berlin zur Sdculentlassung Gekommenen ohne geordnete Ausbildung, dar¸ber hin- aus noch 8000 Jugendliche ohne Arbeit sind und sich bei den Arbeitsw¸nschen ein Zug "fort vom Schreibtisch und von der Schmutzarbeit' bemerkbar macht; wobei Berufe wie Bekleidungsindustrie, von den M"dchen bevorzugt werden? in Bielefeld ein Zentralinstitut f¸r Ar- beitsschutz gebildet, das unter der Lei- tung von Regierungsdirektor Dr. Hans Koch vorl"ufig dem Arbeitsministerium von Nordrhein-Westfalen unterstellt wurde? Wie in den beiden anderen Westzonen nun auch in den drei s¸dwestdeutschen L"ndern W¸rttemberg-Baden, S¸dwrhrt- temberg-Hohenzollern undS¸dbaden eine Arbeitsgemeinschaft der Jugendselbst- hilfewerke gegr¸ndet wurde, die der fortschreitenden Entwurzelung heimat- und berufsloser Jugend entgegenwirken will? ab 1. Oktober an allen hessischen Schu- len als neues Lehrfach der politische Unterricht eingef¸hrt wird, der vom 5. Schuljahr an der Jugend Aufschluþ geben soll ¸ber die politischen Zusammen fngel der Gegenwart? bei der Hamburger Kriminalpolizei eine eigene Jugenddienststelle gebildet wurde, die sich mit allen Fragen der Jugend- gef"hrdung besch"ftigt und in enger Zu- sammenarbeit mit den Dienststellen der Jugendbeh–rde .steht? der jugendliche Doppelm–rder Wilfried, Helm, der bekanntlich zu lebensl&ªgÐ- lichem Jugendgef"ngnis begnadigt wurdeit zusammen mit einem ebenfalls In der Jugendstrafanstalt Ebrach untergebrach- ten russischen Verbrecher mit einemk Sdcusterwerkzeug einen Mordversuch an. einem Gef"ngnisaufseher unternahm und daf¸r 7 Tage Arrest erhielt? 5
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