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Aufwärts
Jahrgang 2, Nr. 11 (May 21, 1949)
W. B.
Lieber Kollege Erich!, p. 4
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wie Harald L¸thge ausdr¸ckt, .,zwischen h¸ben und dr¸ben, swiscien dem Abseits von der groþen Masse der um ihre Freiheit k"mpfenden Arbeitneh- merschaft und dem HIn-und-Hergeworfen- Werden der Interessengruppen.' Antworten, die treffend, mit den Worten Harald L¸thge, Kaltenkirchen, erg"nzt ganz ,von Paul Koch, Minden, gekennzeichnet richtig, daþ sind:- Von verschiedenen Seiten ist versucht wor- den, die Antwort auch in der Art Deines Briefes zu geben. Viele Briefe setzten sich mit dem Begriff Jugendfunktionar ausein- ander. M–gen einige S"tze, aus den Briefen herausgegriffen, Dir noch einmal etwas aus den Tagen in Westidc-Kaiserau in Erinne- rung rufen. Karl Hauenschild, Hannover, meint dazu, daþ ..Interesse und Verst"ndnis eben nicht f¸r einen Gewerksciaftsfunktion"r ge- nl¸gen. Dazu geh–rt mehr, n"mlich Uber- zeugung. Und Ðberzeugung kann man In keinem noch so guten Kursus lernen, son- dern sie muþ aus einem sozialen Erlebnis entspringen.' Und Paul Koch fragt: *...Es klingt last so. als h"tte man euch zu etwas dr"ngen wollen. euch eine bestimmte doktrin"re Lehre eingeimpit. um euch dann als willenlose Werkzeuge zu verwenden.' Allein hieraus k–nnte schon wieder Frage und Antwort werden, doch wollen wir uns darauf beschr"nken, damit auch noch andere Probleme beantwortet werden k–nnen. Die Gewerkschaftsbewegung ist groþ geworden durch die Mitarbeit der Schaffenden. Sie haben ihre Freizeit nach harter Arbeit zu ihrem Aufbau verwandt. Und sie wurde groþ, weil sie Herzensangelegenheit von M"nnern gewesen ist, die trotz einer guten beruflichen Fundierung nicht den ihnen zu- stehenden Lohn erhielten. ...Wenn Du heute mit dem Lohn Deiner Werkarbeit Dein Studium erarbeiten so schluþfolgert Karl Hauenschild, ,,bedeutet das sehr wahrscheinlich ge- opfþerte N"chte und Verzicht auf manche MabhleIL Neben Dir studiert der Sohn des FabrIkbesitzers, der vielleicht morgens mit dem Auto zur Vorlesung f "hrt oder aber die Stunden. die Du dazu benutzen muþt. Dir sauer Dein Studium zu erarbeiten, da- mit zubringt. Isitieutig sein Geld auszu- geben, f¸r das er selbst nicht die geringste Arbeit zu leisten brauchte. Bist Duschleen- ter als er? Miut Du weniger Nfenschl Bist Du' d¸mmer oder unbegabter? Vielleicht Ist sogar das Gegenteil der Fail. Weil sein Vater fleiþiger war als Deiner? Oder weil -er von dem pronlterte, was Dein Vater und viellei<ht Du selbst abs Werk- Student ihm als Werte sc"affsi, .. . dieser Verdienst irgendwie erk"mpft werden muþ, oder glaubst Du, daþ die Unternehmer nur darauf warten, uns das Geld f¸r Studienzwecke an den Kopf zu werfen? Ich glaube kaum, daþ es nur Dein alleiniges Verdienst ist, daþ Du heute durch Deiner H"nde Arbeit neben dem Existenzminimum auch noch die Mittel f¸r einen Schulbesuch erarbeiten kannst.- Und den Schluþpunkt setzte Luise Lohr- mann, Dortmund, indem sie sceireibt: Damit ergibt sich ja auch von selbst die Be- antwortung Deiner Zweifel, wenn Du er- kennst, wo Dein Platz ist, selbst dann, wenn Du als Meister Deines Berufs sp"ter im Vorgesetztenverh"ltnis stehst, und dazu lassen wir wieder Karl Hauenschild zu Wort kommen: ..-.Auch der Meister ist genau wie der letzte Arbeite r wirtschaftlich abh"ngig. Abh"ngig nicht nur von seinem Aibeit- geber, sondern abh"ngig auch von der Entwicklung seines Betriebes und seiner Industrie. Aus der Erkenntnis dieser Ab- h"ngigkeit aller Arbeitnehmer, egal, ob Hilfsarbeiter oder Abteilungslit er, resul- tiert die Forderung der Gewerkschaft auf Einfluþnahme hei allen Entscheidungen, die die Industrie und die darin' t"tigen Arbeitnehmer betreffen, und zwar schon im Zeitpunkt des Entstehens der einzelnen Probleme. Die Erkenntnis von der Not- wendigkeit des gewerkschaftlichen Forderns und Handelns gewinnst Du nicht nur durch ªarbeiten und lernen, studieren und arbei- ten<>. Auf den gr¸nen Zweig kommst Du, auf lange Sicht gesehen, nur durch eine vern¸nftige Wirtschaftsgestaltung und nicht durch Beschr"nkung auf Deinen engen Gesichtskreis. Du allein bist nicht in der Lage, die wirtschaftlichen Verh"lt- nIsse zum Guten umzuwenden. Wohl aber eine Gemeinschaft von ¸ber 2 Millionen Arbeitnehmern, die von der Gerechtig- keit ihrer Sache ¸berzeugt sind. Daþ unter diesen Millionen auch ªSchwarze Schafes sind, tut der Idee keinen Abbruch.' Auch Adolf von der Beek, Wuppertal, be- tont, daþ gerade auch der Meister ein t¸chtiger und guter Gewerkschafter sein muþ, weil er den gleichen Kampf um ein menschenw¸rdiges Dasein und gerechte Ent- lohnung f¸hrt und andererseits aber auch helfen muþ, daþ alle irm Be'trieb ihre Arbeit rmmr vollsten Zufriedenheit aller ausf¸hren. _E¸s gibt keine Toleranz letztlich, es oih nur ein Entweder-Oder, DU hast die Wahl-, Wir lassen hier die Frage auf, die Paul Fuchsius, K–ln, hineinwirft: Was anders als Klassenkampf Ist es, und damit das Gegenteil von Toleranz, wenn sich heute die Unternehmer, obwohl Objektivit"t und Gerechtigkeit nottun, mit H"nden und F¸þen gegen eine Auswei- tung des von sachlichem% Verantwortungs- bewuþtsein getragenen Einflusses der Ar- beitnehmeir widersetzen, und diese Ent- schiedenheit der Gewerkschaften soll in-' tolerant sein, soll also gegen die demo- kratische Freiheit verstoþen?' Ein Punkt, der sich von selbst ergibt, kehrt in allen Briefen wieder. Karl Heinz Peter, Freudenberg, sagt dazu, daþ zwar die aktivsten Gewerkschafter stets auch einer politischen Partei angeh–ren, daþ aber eine praktische Mitarbeit in der Ge- werkschaft schon. Bindung an eine politische Partei bedeute, die er ganz entschieden zu- r¸ckweise. Und Martin Lassen, Flensburg, erweitert: *. . ,,.,.,, 1 Noch manches w"re Dir aus der Vielzahl der Leserbriefe zu antworten. Doch glauben wir, den besten Schluþ zu finden, Dich wie- der aufzurufen mit einigen S"tzen aus dem Brief des Kollegen Paul Koch: .Idi nhae sdxon mnanche Entt"uschung er- lebt, besonders In der Jugendarbeit. Manch- 'mal habe Ichs schon gedacht, es hat keinen Zweck mehr. Die breite Masse will kein anderes Schicksal. Ein alter Kollege hat mir einmal gesagt: ª)Du wirst nur Nackenschl"ge und Ent- t"uschungen erleben von selten Deiner Kollegen. Auf Anerkennung und Lohn a arit Du nicht horten. tkm groþer bieamis- mus muþ uns beseelen, sonst geht es nicht.´' b Zum Schluþ m–chten wir auch in Deinem Namen den vielen Briefschreibern danken, auch denjenigen, die hier nicht erw"hnt werden konnten. M–ge ihr Wollen, das hier einmal zwischen ,Fr¸hst¸ck und Mittag>' ausgesprochen wurde, Dir Wegweiser sein und Dich wieder in die Kampfgemeinschaft -aller Schaffenden steilen. W. B. 1 1 1 1 J 1 1
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