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Becher, Johannes Robert, 1891-1958. / Wir, Volk der Deutschen; Rede auf der 1. Bundeskonferenz des Kulturbundes zur Demokratischen Erneuerung Deutschlands (21 Mai 1947)
(1947)
VI. Geistige Auseinandersetzung, pp. 54-60
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einandersetzungen den guten menschlichen Ton einfuihrt. Der gute menschliche Ton macht auch im politischen Leben allein die Musik, die auf die Dauer ertraglich und vernehmbar sein wird. Dieses Presse-Gangstertum aber ist es auch, das durch seine Provokationen die KugeIn locker macht fur kommende Attentate, und alsdann werden diese neuen Mit-Helfferiche heuchlerisch erklaren: ,,Das haben wir nicht gewollt." Darum richten wir an alle Verantwortlichen des Presse- wesens den Appell: Bleibt sachlich! Beschimpft euch weniger, sondern versucht mehr, euch zu iiberzeugen! Haltet Maf! Laflt ab vom Gekeife! Befleifigt euch eines guten Tons, achtet den Nazijargon! Meidet lfbertreibun- gen und lZberspitzungen! Veranstaltet einen Sachlich- keitswettbewerb! Seid nicht besorgt, die Presse wurde dadurch langweiliger, ganz im Gegenteil: sie faingt dann uberhaupt erst an, interessant zu werden. Bedenkt, dafl immer ein ,,lachender Dritter" dabeisteht, wenn ihr eure Zweikampfe auffuihrt, und dafg neben dem euch feind- lichen Dritten noch einer, in seiner gro1en Mehrzahl, vor- handen ist: der anstandige Mensch, der Mensch guten Willens, der sich entsetzt von euch abwendet und damit sich vilelleicht auch von der Sache endgiiltig zuriickzieht, die ihr, streitsUchtige Beide, ja gemeinsam zu vertreten vorgebt. Gerade in solch ungesunden Verhaltnissen, wie wir sie heute erleben, sollte der gesunde Menschenver- stand iin der Presse tonangebend sein. Solch ein gesunder menschlicher Ton wirbt am besten fur die demokratische Sache und wirkt erzieherisch. Man hat Demokratie mit einem ,,unendlichen Ge- sprach" bezeichnet. Dieses Gesprach mug3 aber sachlich und prinzipiell gefiihrt werden, soll es nicht zu einem endlosen, widerwartigen Geschwitz - zu unser aller Schaden - entarten. Wir haben also in allen FIllen, nicht nur in solchen, wo wir sglbst das Objekt solcher Verleumdungen werden, 59
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