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Becher, Johannes Robert, 1891-1958. / Wir, Volk der Deutschen; Rede auf der 1. Bundeskonferenz des Kulturbundes zur Demokratischen Erneuerung Deutschlands (21 Mai 1947)
(1947)
IV. Von Deutschlands Jugend, pp. 43-50
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wie w.iderspruchsvoller lebendiger Begriff, ist, und das zum Beispiel schon ein UnterscAied besteht zwischen einem jungen Menschen, der 1933 zw6lf Jahre war und noch die ,,Bundische Jugend" kannte, und einem solchen, der, achtjihrig, nur die HJ kennenlernte. (bereinstimmend wird aus allen Teilen Deutschlands uns von der deutschen akademischen Jugend berichtet, daf3 sie von einem Lerneifer besessen ist, wie ihn noch tnemals eine Jugend zuvor gezeigt hat. Den politischen Fiuhrern unseres Volkes miifte bekannt sein, daf die Arbeitstherapie eine vorziigliche Heilmethode darsteilt in allen FaIlen, wo es sich umr seelische Erschutterungen, wo es sich um einen Nervenschock oder um cin Trauma handelt. Die Heilkraft des Lernens wird sich auch in der seelischen Erschiitterung unserer Jugend bewahren, ab- gesehen davon, daf der junge Mensch das Recht und die Pflicht hat, das jahrelang Versiumte durch ein intensives Studium nachzuholen. Es ware lehrreich fur jeden Er- zieher, sich bekannt zu machen mit dem ,,Padagogischen Poem" von Makarenko und dariiber hinaus eingehend jene groflartige Bewegung zu studieren, die, unter der besonderen Anteilnahme Maxim Gorkis, seinerzeit in Rugland entstanden ist, als es galt, aus Hunderttausen- den verirrter Jugendlicher wieder lebenstuchtige Men- schen zu machen. Diese Bewegung legt ein beredtes Zeug- nis ab von menschlicher Wandlungsfahigkeit und Wand- lungskraft, und ihre iiberzeugenden Erfolge konnen uns manchen wertvollen Hinweis geben fur die Losung unseres eigenen Erziehungsproblems. Wer zur Jugend spricht, sollte vor allem nicht ver- gessen, daf3 er selbst einmal jung war. Wir sollten nicht vergessen, daf wir selbst eirmal, in unserem Sturm und Drang, fur Belehrungen, die mit erhobenem Zeigefinger vorgebracht wurden, ganz und gar unzuganglich waren, und wir sollten nicht vergessen, dag viele von uns als ,,hoffnungslose FIile" von Eltern und Erziehern bereits abgeischrieben waren. Deshalb darf in unserem Sprach-
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