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Drews, Richard; Kantorowicz, Alfred, 1899- (ed.) / Verboten and verbrannt, deutsche Literatur 12 Jahre unterdrückt
([1947])
Alfred Mombert, pp. 119-120
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Josef Mühlberger, pp. 120-121
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Als noch nichts War und nichts stand, Lag schon- daruber meine groBe Hand. Denk ich an jene ungeheure Zeit, Sturzt mir mein Herz ins Meer vor Seligkeit, DaB groBe Sonnen heiM dichtdruber schweben Und mir mein Schopfergluck' zu fluhlen geben. JOSEF MUHLBERGER Uiber Mllhlbergers erste Erzdhlung: ,,Die schrieb auSerdem einen Roman ,,Die gro~e Knaben und der FluBl" schrieb Hermann Glut", Gedichte und Dramen. 1936 wurde Hesse: ,Es werden jeden Tag neue Dich- ein Scireibverbot gegen ihn erlassen; ter gepriesen, aber hier ist wirklich neuere Arbeiten von ihm brachte die in einer. Die Erzdhlung ist nicht gewollt, Lorch erscheinende Zeitschrift ,,Aussaat". nicht gemacht, nicht gekonnt - sie ist Dem Insel-Almanach auf das Jahr 1936 da wie eine Vogelmelodie. Man liebt das entnehmen wir eine an Stifters eindring- Buch nach der ersten Seite. Es ist die liche Darstellungsart erinnernde Natur- schtnste und einfachste Dichtung, die ich 'betrachtung des bedachtsamen Prosaktinst- seit langer Zeit gelesen habe." MluhIberger leis und Dichters - ,,DER FELDRAIN": Was ist denn schon viel an einem Feldrain, diesem dirren Stein- und Sand- wall mit den spbrlichen Krdutern und dem verddchtigen Geraschel und Geknister! Er ist etwas Nebensachliches, gewissermalen Zufalliges am Weg entlang zwischen dem blauen Kornfeld und den breiten Wiesen, auf denen eben das erste Heu duftet. Man hat hier Steine aus den Feldern zusammen- geworfen oder den Acker des Hanges durch eiro) Mauer ddmmen missen oder hat einen Fahrweg gebraucht - gleich hat sich allerlei Unkraut festgesetzt, das nicht einmal dicht genug wdchst, dal man es abhaun k6nnte; die Sichel wirde mit jedem Schlag eine Scharte bekommen. So ein Feldrain ist etwas richtig Nichtsnutziges. Es ist wahr, es ist zundchst lange Zeit dar-auf nichts los; Schnee und Eis liegen noch zwischen den Steinen, wenn aus dem verwesenden Laub des Waldes langst die blauen Sterne des Leberbltmchens leuchten und auf den feuchten Wiesen die Himmelschliissel in tippigen Dolden stehen. Selbst zur Veilchenzeit, auch dann noch, wenn das weiBliche Violett des Wiesenschaum- krautes alles GrUn tiberdeckt, ist so ein Feldrain noch immer schmierig, grau und leblos. Seine Zeit kommt mit dem Sommer. So in den Tagen, wenn das Gras reif zu werden beginnt und die Wiesenblumren abbluhen. Wenn dann die Landscaaft hiUgelauf, hugelab einformig gran zu werden anfdngt, durchweht von den ersten Zeichen des Gilbens, erwacht der Feldrain. Da bliiht alles langsam und bescheiden aus dem Sand und zwischen den Steinen hervor, darum verm6gen auch Kraut und Blite der grol3ten Hitze zu trotzen. Ja,. das kleine Zeug freut sich geradezu auf Dtirre und Sonnenglut. An den Sand darf man gar nicht rUhren, gleich fdngt er an zu rieseln; so trocken ist er. Der Feldrain leuchtet vor Freude und Wohlbehagen. Die gelben Dolden der Wolfsmilch, der sommerblaue Gtnsel und die funkelnde Pechnelke, die fallen selbst dem auf, der flichtig vorbeigeht. Aber unsichtbar regt sich ein viel- faches Leben: becheidene Krduter und Bldten, die klein und hart, aber zah sind und lustig und munter bleiben, wenn die Landschaft, selbst bis in die Walder hinein, matt und erschopft liegt. Dann schlagt es uns aus derm Feld- 120
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