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Aufwärts
Jahrgang 4, Nr. 22 (November 1, 1951)
H. T.
Unsere Meinung, p. 6
Matthias Föcher 65 Jahre, p. 6
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Page 6
SO N D E R LE H R GAN G F U R M I N I S T E R ? Wir haben es schon verschiedentlich klar ausgedr¸ckt, daþ die deutsche Jugend, auch die Mehrheit des Volkes, keine besonders hohe Meinung von den meisten deutschen Ministern hat, wohl darum, weil nurwenige staatsm"nnisches Format haben und weil sie sich in ihren Ÿmtern als Parteim"nner f¸hlen. Ihnen fehlt die Gabe, zu erkennen, daþ das Amt eines Ministers ganz beson- dere Verantwortung auferlegt. Es ist unm–g- lich, daþ ein Minister einmal als solcher und ein andermal als Parteimann spricht und zwei verschiedene Meinungen kundgibt. Der Bundesjustizminister hat sich auch mal wieder ausgetobt. Diesmal gegen die Ge- werkschaften. In seinem ersten Manuskript, das er auf Veranlassung des Bundeskanzlers zur¸ckziehen muþte, fuhr er ein ganz beson- ders scharfes Gesch¸tz auf und nannte die Gewerkschaften G–tzenanbeter, unf"hig, von Wahnideen Besessene und noch mehr. W"re Dr. Dehler nur Parteimann, h"tte man ¸ber seine Formulierungen lachen k–nnen, denn wer h"tte sie beachtet. Doch er ist Minister. Die Gewerkschaften haben auf Dehler ent- sprechend reagiert, sie werden dazu noch etwas Entscheidendes sagen. Aber nicht nur die Gewerkschaften, auch andere Kreise wenden sich in aller Entschiedenheit gegen Dehlereien und andere Minister als Sonn- tagsredner. Ernst Friedl"nder, der bekannte Publizist, sagte im Rundfunk u. a. hierzu: ,Nat¸rlich wuþte der Bundesjustizminister Dr. Dehler, daþ die Bundesregierung zurzeit auch andere ¸beraus wichtige Gespr"che mit den Gewerkschaften f¸hrt. Er wuþte, daþ dabei sehr viel auf dem Spiel steht f¸r den sozialen Frieden in 0er Bundesrepublik. Das hat den Parteipolitiker Dr. Dehler nicht gehindert, auf eigene Faust einen Privatkrieg gegen die Gewerkschaften in Szene zu setzen. So als ob er nicht Bundesjustizminister und also Mitglied der Bundesregierung w"re. Und gerade das verdient eine harte Kritik. Denn hier geht es wirklich nicht, daþ scheinbar die eine Hand nicht weiþ, was die andere tut. Schon die Freiheit des Parteipolitikers scllte grunds"tzlich durch eigenes Verantwortungsgef¸hl beschr"nkt werden. Erst recht muþ die parteipolitische Freiheit eines Ministers mit Verantwortung gepaart sein. Fr¸her lachte man ¸ber die privaten Sonntags- reiter. Heute muþ man vor den ministeriellen Sonntagsrednern zittern. Dr. Dehler ist nicht zum ersten Male entgleist, und er ist auch nicht der erste Entgleisungsminister dieser Art. Mit bundeskanzlerischem Maulk–rbchen allein ist es hier nicht getan. Verbote allein sind immer unbefriedigend. Aber man muþ ernstlich fragen, ob ein Minister f¸r sein Amt geeignet ist, der offensichtlich ¸ber den starken inneren Zusammen- hang zwischen Freiheit und Verantwortung so wenig weiþ wie Dr. Dehler. Die junge deutsdie Demokratie braucht demokratisch beispielhafte Minister. An schlechten demokratischen Beispielen ist bei uns ohnehin kein Mangel. Wahrhaftig, der schlechten Beispiele sind genug, wie w"re es mit einem Sonderlehr- gang f¸r Minister ¸ber das Thema: äWie rede und benehme ich mich als Minister?" Einige w¸rden wahrscheinlich das Lehr- gangsziel nicht erreichen. POLIZISTEN ODER SOLDATEN Ja, f M ATTHIAS FUCH ER F"cher in diesen Jahren zu tragen hatte. , u ~~~~~~~~~~In hunderten Konferenzen und Versamm- b 65 JA H RE lungen hat er bei seinen christlichen f Freunden um Vertrauen f¸r die neue Z deutsche Gewerkschaftsbewegung ge- worben. Daneben hatte er noch die : undankbare Aufgabe, oft eine SPanne' ausb¸geln zu m¸ssen. Mit der ihm eige- nen Uberzeugungskraft hat er um mensch- liches Verstehen daf¸r gebeten, daþ in einer so jungen Bewegung wie der unsri- G gen, in der sich aus verschiedenen Rich- tungen kommende Menschen vereinigt haben, Pannen zwangsl"ufig vorkommen m¸ssen. So hat Matthias F"cher manchen harten Stoþ hinnehmen m¸ssen, doch noch nie- mals ist jemand aufgestanden, der an seinem ehrlichen Wollen, seiner Hin- gabe an die neue Idee und an seiner pers–nlichen Ehrenhaftigkeit gezweifelt h"tte. Sch–neres und Besseres als dieses ä kann man ¸ber einen Mann nicht sagen, der seinen 65. Geburtstag begeht und der ä ¸ber 40 Jahre seines Lebens in den Ge- 4; werkschaften f¸r den sozialen und wirt- schaftlichen Fortschritt der Menschen ge- arbeitet hat. Unser toter Hans B–t*ler und Matthias S F"cher waren in Freundschaft verbunden. t Wer von Anfang an dabei war und die Diese Freundschaft war tief und echt, 3 - Geschichte der deutschen Gewerkschaf- weil hier zwei M"nner nebeneinander ten ab 1945 aus kleinsten Anf"ngen zum standen, die sich aufeinander verlassen heutigen Deutschen Gewerkschaftsbund und die offen die heikelsten Probleme Zi aus n"chster N"he erlebt hat, der weiþ um besprechen konnten. die gewerkschaftsgeschichtliche Aufgabe, Es ist sonst ¸blich, einem verdienten dieMatthiasF–cher bei derSchaffungder Manne, der das 65. Lebensjahr vollendet Deutschen Einheitsgewerkschaft erf¸llt hat, als Dank f¸r seine Lebensarbeit hat. Er, der heute stellvertretender Vor- einen sch–nen und geruhsamen Lebens- l sitzender des DGB ist, hat maþgeblichen abend zu w¸nschen. Aber es gibt Aus- ; Anteil daran, daþ sich die Gewerk- nahmen. So auch bei Matthias F"cher. Auf & schaftseinheit von Jahr zu Jahr gefestigt einen Menschen wie ihn k–nnen die Ge- ffi und daþ sie manchen Belastungen stand- werkschaften noch nicht verzichten, und fi gehalten hat. Und seien wir offen, es war wir w¸nschen, daþ er noch etliche Jahre beileibe eine schwere B¸rde, die Matthias seines Lebens unserer Arbeit widmet. Uber die Sieg, einen kleinen Fluþ, wurde eine zerst–rte Br¸cke neu gebaut. Dagegen l"þt sich nichts sagen, weil es eine gute Sache ist, aber diese Br¸cke wurde nichtvon Br¸ckenbauern und anderen Fachkr"ften er- stellt, sondern - der Bundesgrenzschutz wurde zum Br¸ckenbau eingesetzt. Wieso baut der Bundesgrenzschutz Br¸cken? Seit wann ist Br¸ckenbau eine Sache der Polizei? Sagte doch Innenminister Dr. Lehr, als man ihm im Bundestag vorhielt, der Bundesgrenzschutz sei eine verkappte Armee: ZDer Bundesgrenzschutz ist keine verkappte Armee, sondern eine Polizei- truppe.' Es ist bekannt, Soldaten bauen Br¸cken. Und dies nur im Kriege oder zur Ubung im Man–ver. Noch niemals baute die Polizei Br¸cken. Zweite Seite dieses Br¸ckenbaues ist, daþ manche Firma gern die Br¸cke gebaut h"tte, um Besch"ftigung f¸r ihre Arbeiter zu haben. Welche Eins"tze "hnlicher Art stehen dem Bundesgrenzschutz noch bevor? Was ist nun tats"chlich der Bundesgrenzschutz, eine -Polizeitruppe oder eine getarnte Armee? Vieles spricht f¸r das letztere. Siehe *erst- maliger Einsatz im Br¸ckenbau". Wann werden die Karten offen auf den Tisch gelegt, damit man wirklich glauben kann, daþ die Worte Polizei und Armee nicht verwechselt werden? H. T. 1. *3O. 6 ' T " 6-1[4wiŸ Z 2 WIE Z LIC2
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