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Aufwärts
Jahrgang 4, Nr. 5 (March 10, 1951)
Das ist ja eine Unverschämtheit, p. 5
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DAS IST JA EINE UNVERSCHAMTHEIT, die ihresgleichen sucht! sagte der junge Mann ziemlich erbost. Er legte uns den .Aufw"rts' Nr. 3 auf den Schreibtisch und deutete auf die Seiten 10 und 11: ãWiþt ihr, was ihr da geschrieben habt?" Wir schwie- gen, weil wir es wuþten. ãIch m–chte aus- dr¸cklich betonen, daþ ihr, das offizielle Organ der Gewerkschaftsjugend, die deut- schen Jugendorganisationen in der Gestalt angegriffen habt, daþ diese sich verunglimpft f¸hlen. m¸ssen.' Dieser Satz gefiel unserem Stift so gut, daþ er dem zornigen jungen Mann sehr laut ins Gesicht lachte. Wir zogen erschrocken die K–pfe ein, weil wir vermuteten, er w¸rde eine vorlaute Bemerkung wagen. Tats"chlich sagte er auch: ãDie typische~n Redewendun- gen im letzten Satz, der Gebrauch von ªaus- dr¸dclich betonen"~ und >in der Gestalt"~ lassen darauf schlieþen, daþ du, lieber Kol- lege, zur Gruppe 2 geh–rst." Der junge Mann sah ihn verst"ndnislos an. Wir zogen noch tiefer die K–pfe ein, weil wir die Hinterlist unseres Stiftes verstanden hatten und ge- spannt abwarteten, was jetzt noch kommen w¸rde., "Du bist der lebendige Beweis f¸r das schlechte Deutsch, das in den Gruppen der Gewerkschaftsjugend gebraucht wird. Der ,>Aufw"rts" wollte ja in Nr. 3 nichts weiter als den Jugendorganisationen einen Spiegel vor die Nase halten. Von ªver- unglimpfen'" kann gar keine Rede sein. Wie typisch allein eines der f¸nf Beispiele in Nr. 3 ist, die den Jargon der verschiedenen Jugendorganisationen glossieren, beweist dein Fall. ä,Ausdr¸cklich betonen´ und ªin der Gestalt´ kann nur aus dem Mund eines Gewerkschafters kommen. Es fehlt nur noch das Wort ªdurchf¸hren´, dann h"ttest du die gleichen Phrasen gebraucht, die in Ab- schnitt 2 unserer ªgemeingef"hrlichen Be- trachtung´ glossiert wurden. Deshalb habe ich auch vorhin gesagt, daþ du zur Gruppe 2 der Deutschverdreher geh–rst.' Der zornige junge Mann muþte grinsen. ,So', sagte er, ãkann man das meiner Rederei entnehmen, daþ ich Gewerkschafter bin?" ,Leider', ~antwortete der Stift unger¸hrt. (Das h"tte er nicht sagen sollen, denn kurz darauf machte er sich selber des Sprachmiþ- brauches schuldig.) ãEbenso sicher h"tte ich von einem anderen sagen k–nnen, daþ er zur katholischen Jugend geh–rt", erkl"rte er selbstbewuþt. ãGebraucht einer das Wort ,>Seinsmitte´, oder spricht einer von ª~unserern Tun´,, dann kann man eins zu hundert wetten, daþ das eine Sprachsch–pfung der katholischen Jugend ist. Um diesen Sprach- miþbrauch, die Wortakrobatik der Gewerk- schafter, den hohlen Pathos der Katholi- schen und die romantischen Floskeln der Pfadfinder abzustellen. . .ã An dieser Stelle muþten wir alle laut lachen. Unser Stift hatte sich so in Hitze geredet, daþ er selber das verp–nte Wort ãabzustellen' gebrauchte. ãTypischer Gewerkschaftsjargon", sagte der junge Mann mit einem schr"gen Seitenblick auf den Stift. ãErfreulich, daþ du das wenig- stens gemerkt hast", antwortete er mit W¸rde. ãIch wollte eben sagen, daþ der Sprachmiþbrauch der verschiedenen Jugend- organisationen so furchtbar ist, daþ man da- gegen etwas tun muþ. Das heiþt, wir m¸ssen bei uns, in den Heimabenden der Gewerk- schaftsjugend, damit anfangen, ein normales Deutsch zu sprechen. Ein altes deutsches Sprichwort sagt: Jeder kehre vor seiner eigenen T¸r.' In den folgenden Heften will der ãAufw"rts' Väorschl"ge zur Heimabendgestaltung brin- gen. Hier soll und muþ die Erziehung der Gewerkschaftsjugend anfangen. Ein Grup- penleiter, der einen Heimabertd ãdurchf¸hrt' und seine ganze Beredsamkeit aus tiefen Brunnen gewerkschaftlicher Phrasen sch–pft, kann keine "Erfolge zeitigen'. Wie soll ein Heimabend in der Gewerkschaftsjugend aussehen? Wer macht uns Vorschl"ge? Beschr"nkt euch auf 40 Schreibmaschinenzeilen! Die besten Vorschl"ge werden abgedruckt. Bis zum 15. April 1951 lassen wir euch Zeit. Uberlegt gut! Bisher ist fast eine un¸bersehbare Menge von Antwortkarten auf unsere ãGeeinef"rliheBetrachtung"" eingelaufen. Im n"chsten Heft wollen wir die Namen der Gewinner ver–ffentlichen. Eines d¸rfen wir schon verraten: 10 wertvolle B¸cher sind als Preise ausgesetzt. Nachz¸gler, bitte beeilenl die Errichtung einer ,Weltuni versit"t' k¸rzlich auf einer Versammlung zur Woche der Br¸derlichkeit in Washington vorgeschlagen wurde? In dieser Univer- sit"t sollen begabte Studenten aus aller Welt im Sinne der Freiheit und Wahr-' heit ausgebildet werden. die amerikanische .Frelheitsstiftung' einen Wettbewerb unter dem Titel ãDas Leben in Freiheit' f¸r die westdeutschen und- Westberliner Jugendlichen im Alter von 12 bis zu 18 Jahren veranstaltet? Die vier besten Aufs"tze ¸ber das Thema werden mit je einer kostenlosen Amerikarelse von 60 Tagen Dauer pr"miiert. die Gew"hrung von Sch¸llermonatskarten auch f¸r Jugendliche in der Berufsaus- bildung gefordert wird? Die Karten sollen Lehrlingen, Anlernlingen und Praktikan- ten gew"hrt werden. d1e Einf¸hrung eines europ"ischen Ju" gendpasses von Bundeskanzler Dr. Aden-' auer in einem Schreiben an das Alliierte Oberkommissariat gew¸nscht wird? Die, - Lockerung des Visumzwanges f¸r Jugend- liche bef¸rwortet die Bundesregierung schon vor der Einf¸hrung des Jugend- passes. dl. Fertigstellung des nordbayrischen Gewerkschafts-Jugendheimes am Stein- berg bei l-iersbrudc bis Ostern erfolgen wird? di@ Zentrale der Gewerkschaften der Bundesrepublik und Groþ-Berlins, das Bundeshaus des Deutschen Gewerkschafts- bundes auf der Stromstraþe in D¸ssel- dorf k¸nftig den Namen ãHans-B–cdler- Haus' tragen wird? die FDJ mit einer Gruppe den Kommuni- sten nahestehender Studenten und Ge- werkschafter auf der Insel' Helgoland~ landete? Sie hiþten dort die schwarzrot- goldene Falme, die gr¸nweiþrote Fahne Helgolands und die blaue Flagge mit der Picasso-Taube der kommunistischen Welt- friedensbewegung. 88000 Kinder im Bundesgebiet zurzeit noch in Lagern leben? In Hessen wachsen 25 v. H. aller Kinder in einer unvoll- st"ndigen Familie, n"mlich ohne einen Elternteil oder in Heimen auf. die Ab"nderung des Gesetzentwurfes zum Schutze dler Jugend in der Offent- lichkeit vorgenommen wurde? Nach dem neuen Entwurf m¸ssen Jugendliche, die sich an Orten aufhalten, wo sie von sitt- licher Gefahr bedroht sind, dem Jugend- amt gemeldet werden. - Ferner soll der Ausschank von Alkohol (Branntwein) an Jugendliche unter 18 Jahren, von an- derem Alkohol an Jugendliche unter 1$ Jahren verboten werden. Der Tabak- genuþ ist f¸r Jugendliche unter 16 Jahren untersagt. US einer Studienreise nach Amerika In diesem Sommer 250 deutsche Jugendtliche2 aus den Landgebieten fahren k–nnen? -Bewerber und Bewerberinnen sollen z-wI- schen 15 und 17 Jahre alt sein. Bewer- bungen sind bis zum 9. M"rz zu richten an die amerikanischen Dienststellen des jeweiligen Regierungsbezirks. In 'Hamburg ein ãJugend-Europa-Haus', am 1. M"rz 1951 seiner Bestimmung ¸ber- geben wurde? Das Haus wurde der euro- p"ischen Jugend von der D"nischen Orga- nisation f¸r zwiscsenv–lkische Zusam- menarbeit geschenkt. Es soll als Treff-- punkt der Jugend aus allen europ"ische L"ndern dienen. 5
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