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Aufwärts
Jahrgang 4, Nr. 4 (February 24, 1951)
Bundestag verhandelt über Mitbestimmung, pp. 12-[13]
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Bundestag verhandelt ¸ber Mitbestimmung Die wenigen Jugendlichen, die Gelegenheit gehabt haben, auf der Zuschauertrib¸ne des Bundestages in Bonn die Debatte ¸ber die Mitbestimmung zu erleben, werden mit vielen Zweifeln im Herzen den Plenarsaal verlassen haben. Es muþ ihnen unverst"nd- lich bleiben, daþ nach dem furchtbaren Zu- sammenbruch im Jahre 1945 und nach einem erfolgreichen Start des Wiederaufbaues einer zerschlagenen Wirtschaft heute schon wieder Tendenzen sichtbar werden, die an bereits ¸berwundene Zeiten erinnern. Nach- dem die Gewerkschaften seit langer Zeit immer wieder betont haben, warum eine demokratische Neuordnung der Wirtschaft nicht l"nger aufzuschieben ist, versuchen die f¸r die Katastrophenpolitik der letzten Jahr- zehnte verantwortlichen Kr"fte, mit allen ihnen zur Verf¸gung stehenden Mitteln diesem Prozeþ Einhalt zu gebieten. Daþ aber die schaffende Jugend sich mit Nach- druck f¸r diese Neuordnung und f¸r eine gerechte gesellschaftliche Stellung des arbei- tenden Menschen zum Wohle einer besseren Zukunft einsetzen will und muþ, wird bei den ewig Gestrigen allzu gern ¸berh–rt. Nachdem eine Einigung zwischen den Ver- tretern der Gewerkschaften und den Beauf- tragten der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie und des Kohlenbergbaues in allen wichtigen Punkten der Mitbestimmung er- reicht werden konnte, hatte die Bundes- regierung einen entsprechenden Gesetz- HANS BUCKLER und seine Mitarbeiter verlassen das Bundeskanzieramt nach der letzten entscheidenden Verhandlung um das Mitbestimmungsrecht. BBB Fot.,; Bender entwurf dem Parlament zugeleitet. Als erste Instanz "nderte der Bundesrat gewisse Be- stimmungen dieses Gesetzes so ab, daþ sie den wesentlichsten Forderungen der Gewerk- schaften entsprachen, und empfahl dem Bun- destag, ebenfalls in dieser Richtung eine Ent- scheidung herbeizuf¸hren. In einer mehr- stundigen Debatte nahmen der Bundes- kanzler, der Bundesarbeitsminister und die Sprecher aller Fraktionen des Bundestages ausf¸hrlich Stellung. Dr. Adenauer stellte in seiner Regierungserkl"rung fest, daþ die Verwirklichung der Mitbestimmung einen bedeutenden Fortschritt auf dem Wege zum sozialen Frieden bedeute. Die Arbeitnehmer hatten durch ihren Einsatz in den schweren Jahren des Wiederaufbaues unter Beweis gestellt, daþ sie Vertrauen verdienen. Das Miþtrauen, das man ihnen von gewisser Seite entgegenbringe, sei unbegr¸ndet. Bundestagsabgeordneter Heinrich Imig er- kl"rte in seiner Eigenschaft als Sprecher der Opposition und als Gewerkschafter, daþ jetzt endlich ein Wechsel eingel–st werden m¸sse, den man schon seit langer Zeit ausgeh"ndigt h"tte. Eine Neuordnung der Wirtschaft sei nur moglich, wenn die Arbeitnehmerschaft und die Gewerkschaften an entscheidender Stelle mitzubestimmen und mitzuverantwor- ten h"tten. Den meisten Punkten seiner Ausf¸hrungen, die gleichzeitig eine Abrech- nung mit der Profitsucht und dem Egoismus bestimmter Unternehmerkreise waren, schlos- sen sich ebenfalls die Redner der CDU und S C H U L B E I S P I E L E Den Kindern der Volksschule muþ die ganz besondere F¸rsorge des Staates gelten. Auf unsere grunds"tzliche Stellungnahme (Auf- w"rts Nr. 23 19501 zum Volksschulproblem erhielten wir eine groþe Anzahl von Zu- schriften von amtlichen Stellen, von Schul- m"nnern und aus dem Kreise unserer Kol- legen. Nebenstehend ver–ffentlichen wir zwei amtliche Stimmen. In der n"chsten Nummer geben wir einem Schulmann das Wort. 1Hansestadt Hamburg, Schulbeh–rde Liebe Freunde! F¸r die Zusendung der letzten Nummer Eurer Zeitschrift danke ich herzlich und m–chte gleich am Anfang sagen, daþ mir der Aufsatz ¸ber die Volksschule aus der Seele geschrieben ist. Ich bin mit Euch der Meinung, daþ die Reform der Volksschule die wesentliche Bildungsaufgabe unserer Zeit darstellt, nicht nur deshalb, weil der weitaus gr–þte Teil unserer Jugend durch die Volksschule geht, sondern vor allem deshalb, weil ich glaube, die Erf¸llung der uns heute gestellten Aufgaben h"ngt weit- gehend davon ab, in welchem Maþe die breiten Schichten der werkt"tigen Bev–lke- rung Kulturtr"ger werden. Ich stimme deshalb voll und ganz den in dem Aufsatz erhobenen Forderungen zu, bessere Volksschulen zu bauen, die Volks- sdcullehrer h–her zu besolden und die Sch¸- lerzahl in den Klassen so weit zu senken, daþ eine echte p"dagogische Arbeit geleistet werden kann. Ihr werdet mir aber gestatten, daþ ich aus dem Gesichtswinkel Hamburgs in einem ent- scheidenden Punkt den Ausf¸hrungen wider- spreche. Es heiþt in dem Aufsatz, daþ bei allen Fragen um die Schulreform immer von der h–heren Schule die Rede sei und die Volksschule nur am Rande mitlaufel. Schon vor 1914 begann in Hamburg die Volksschullehrerschaft sich um die Erneue- rung der Erziehung zu bem¸hen. Die Bestre- bungen der Kunsterziehung, der P"dagogik vom Kinde aus, der Gemeinschaftserziehung wurden von der Volksschullehrerschaft ge- tragen und besonders in den Jahren nach 1919 weitgehend in der Volksschule ver- wirklicht. Und wenn Ihr Euch einmal die Geb"ude der Volksschulen in Hamburg an- sehen w¸rdet, die zwischen 1919 und 1933 gebaut wurden - in der nationalsozialisti- schen Zeit wurde in Hamburg nicht eine einzige Schule errichtet -, so w¸rdet Ihr feststellen k–nnen, daþ sie im Bau und in der Ausstattung den h–chsten Anforderungen gerecht werden und nicht hinter den Ge- b"uden der h–heren Schule zur¸ckstehen. In dem Hamburger Schulgesetz von 1949 wurde hinsichtlich der Stellung der Volks- schule insofern ein entscheidender Schritt vollzogen, als die erste Unterscheidung zwi- schen Volks-Schule' und ,h–herer' Schule beseitigt wurde und statt dessen das ge- samte Schulwesen die Bezeichnung "Allge- meine Volksschule erhielt. Die bisherige Volksschule ist nach dem Ge- setz nicht mehr die Schule f¸r die angeblich ,Minderbegabten', sondern sie hat ihre eigene Bildungsaufgabe f¸r die Sch¸ler, die f¸r das praktische Leben geeignet sind. Ferner werden die Lehrpl"ne, so wie es in dem Aufsatz mit Recht gefordert wird, von allem unn–tigen Ballast befreit. Sie gehen von den Bildungsbed¸rfnissen der jungen Menschen aus und sind auf die Gegeben- heiten des modernen Lebens eingestellt. Laþt mich zum Schluþ noch einmal aus- sprechen, wie sehr ich mich ¸ber den Auf- satz gefreut habe. Helft weiter mit, daþ in der Offentlichkeit und insbesondere in der Jugend das Verst"ndnis geweckt wird f¸r die groþe Aufgabe, die der Schule und vor allem der Volksschule gestellt ist. Mit freundlichem Gruþ Heinrich Landahl (Senator)
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