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Aufwärts
Jahrgang 3, Nr. 23 (November 18, 1950)
H. T.
Schulbeispiele, pp. 2-3
H. T.
Tagebuchnotizen, p. 3
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Nicht nur planen, sondern auch bauen. Der neue Schulhaustyp darf auch von auþen nicht als ,Schule der armen Leute' kenntlich gemadht sein. Bau neuer Schulen nach modernen p"dago- gischen Gesichtspunkten. In keiner Klasse mehr als 40 Sch¸ler, damit die Lehrer wieder die M–glichkeit haben, mit der notwendigen Geduld und R¸cksichtnahme das einzelne Kind an den Lehrstoff heranzubringen. Da- bei ist Voraussetzung, daþ die Aufgabe des Lehrers als eine prim"re gesellschaftliche Funktion anerkannt wird und die Existenz des Lehrers eine entsprechende materielle W¸rdigung findet. Ein Lehrer kann seine erzieherische Aufgabe nicht erf¸llen, wenn er gezwungen ist, Nebeneink¸nften nachzu- gehen. Weiter ist dringendes Erfordernis eine Neu- gliederung des gesamten Lehrstoffes, der den Gegebenheiten der heutigen Zeit ent- spricht. Den Kindern wird heute noch ein Ballast von Dingen mitgegeben, das gilt f¸r alle Schultypen, die l"ngst vermottet und verstaubt sind und mit denen sie niemals etwas anfangen k–nnen. \oir sind f¸r eine Schulreform, f¸r eine Neu- gestaltung; aber die Schulreform hat bei der Volksschule zu beginnen. Das sei klar und eindeutig ausgesprochen. Wir wollen die Reform der Volksschule, H. T. Bescheidene Anf"nge sind gemacht, wo man lichte und helle Volkssdhulr"ume schaffte und die Kinder nach den neuen Methoden unterrichtet. Dienstag, 7. November. In Koln tagte der Berufsverbend der deut- schen Industrie. F¸hrende Arbeitgeber nah- men hier das Wort zu aktuellen Fragen. Was aber zum Teil gesprochen wurde, ist kennzeichnend f¸r die Geisteshaltung eines Teiles der deutschen Industrie. Was paþte ihnen am wenigsten in den Kram? - Die T"tigkeit der Gewerkschaften. Aber sie spra- chen nicht etwa sachlich und wie verant- wortungsbewuþte Menschen reden - nein, diesmal hatten einige der Industriekapit"ne die Nerven verloren, und sie sprachen un- geh–rig, taktlos und unwahr. Nicht alle Unternehmer nehmen eine solche Stellung ein. Die in K–ln sprachen, sind wahrschein- lich die reaktion"rsten in Deutschl, ld, und wenn sie eine solche Stellung gegen¸ber den Gewerkschaften einnehmen, das sollte uns best"tigen, daþ wir auf dem richtigen Wege sind. Mittwodc, 8. November. Die Aussprache im Bundestag zur Remili- tarisierung, bei der Bundeskanzler Adenauer und der F¸hrer der Opposition Schumachei die beiden grunds"tzlichen Auffassungen zu dieser Frage darlegten, wurde von den Frauen und M"nnern und vor allem von jungen Menschen aufmerksam verfolgt: An der Frage der Remilitarisierung offenbarte sich das politische Interesse des Volkes. Wer hat recht? Der Bundeskanzler oder der Oppositionsf¸hrer? Dies zu entscheiden, be- d¸rfte es l"ngerer Ausf¸hrungen. Darum sollte die Frage anders gestellt werden. Sie m¸þte lauten: ãWas will das Volk?' Und hier w"re die Antwort sehr eindeutig. Das Volk in seiner ¸bergroþen Mehrheit wird .nein' sagen. Es will nichts mehr von denm wissen, was mit Milit"r zu tun hat. Eine Anzahl Rundfragen best"tigen diese Auffassung. Eine Leserrundfrage der CAJ- Zeitung (Organ der christlichen Arbeiter- jugend) ergab, daþ 71 v. H. der Antworten sich entschieden und teilweise radikal gegen jede Art von Wehrdienst aussprachen. Bei Befragungen "hnlicher Art durch andere Zeitungen, die meist in der b¸rgerlichen Welt gelesen werden, lag der Hundertsatz gegen die Remilitarisierung zwischen 65 und 68 v. H. Aus allen bisherigen Befragungen geht aber die Ablehnung eindeutig hervor Dabei zieht sich dieser Widerstand gleich- m"þig durch alle Berufskreise. Die st"rkste Gegnerschaft gegen den Militarismus findet sich in den Jahrg"ngen bis zu 45 Jahren, Eine eigene deutsche Wehrmacht wiid sugar von 90 v. H. aller Befragten konsequent ab- gelehnt. Frauen sind fast einm¸tig da- gegen. Fast jedes pers–nliche Gespr"ch be- st"tigt uns die oben wiedergegebenen Zahlen So ergibt sich die Frage: "Darf der Bundes- tag in der Frage der Remilitarisierung die Entscheidung treffen oder muþ das Volk dar¸iber entscheiden?& Donnerstag, 9. November. In dem Bericht einer groþen Zeitung zur Aussprache im Bundestag zur Frage der Re- militarisierung findet sich folgendes: .Nach der Rede Dr. Sdiumachers verlieþen Ober zwei Drittel aller Abgeordneten das Plenum und hielten sich in den Wandelg"ngen und im Re- staurant auf. Die meisten der im Plenum ver- bliebenen Abgeordneten griffen zur Zeitung oder unterhielten sidh mit ihrem Nachbar. als die Fraktionsvorsitzende des Zentrums Frau Helene Wessel das Wort ergriff.' Dieses Verhalten der Bundestagsabgeord- neten spricht B"nde. Es dr¸ckt die ganze Uberheblichkeit der M"nner gegen¸ber den Frauen im –ffentlichen Leben aus. Waren die Abgeordneten so gewiþ, daþ eine Frau nichts Wesentliches zur Remilitarisierung zu sagen hatte? Samstag, 1. November. Ein Mann war Nazi und sogar Landesgrup- penleiter dieser Partei in einem fremden Land. Und weil man dies heute von ihm sagt, stellt er den Antrag beim Gericht, dies solle unterlassen werden. Er will, daþ von seiner politischen Vergangenheit nicht mehr gesprochen wird. Vor allem richtet sich die- ses Verlangen gegen den DGB, da in dem Weiþbuch des Gewerkschaltsbundes "Feinde der Gewerkschaften - Feinde der Demo- kratie' (Aufw"rts Nr. 221 kritisch zur Per- son des Dr. Emil Ehrich, der als ehe- maliger Landesgruppenleiter der NSDAP in Italien eine hohe Stellung in einem Bonner Bundesministerium innehatte, Stel- lung genommen wurde. Die Gewerkschaften bezeichneten schon seit langem diesen Zu- stand als unhaltbar und forderten seine Ent- fernung. Ein Vorgang, der nicht mehr als selbstverst"ndlich war. Es m¸þte Allgemein- gut sein, daþ ein nationalsozialistischer Ak- tivist keine entscheidende Position im Staatsapparat bekleiden kann. Doch gerade bei verschiedenen Beh–rden versucht man diese Auffassung zu umgehen. So auch bei Minister Hellwege, der Emil Ehrich in seinem Ministerium besch"ftigte. Der Lan- desgruppenleiter muþte entlassen werden, zwar erst gestern -, und nun verlangt er eine Einstweilige Verf¸gung, mit der unter- sagt werden soll, sich mit seiner Person zu besch"ftigen. Da das Gericht es ablehnte, ohne eine m¸ndliche Verhandlung zu ent- scheiden, muþ der Kollege Hans B–ckler zum pers–nlichen Termin am 17. November ndch Bonn. H"tte sich Ehrich auf Grund seiner Vergan- genheit beschieden, so w"re wahrscheinlich gar nicht mehr von ihm gesprochen worden. Es lag bei ihm und seinen Vorderm"nnern. Montag, 13. November. ãvWozu w¸rdest du eine Weihnachtsgratifi- kation von 25 DM verwenden? lautete die Frage, die wir im November des vergan- genen Jahres an unsere Leser stellten und die ein zweifaches Echo ausl–ste: das er- wartete auf Grund der Einsendungen, die Feststellung, was man mit 25 DM anfangen wurde, aber noch ein Zweites hatte unsere Frage im Gefolge, die Bereitschaft zur Hilfe zum Schenken, zur Freude. Das "uþerte sich in Sachspenden, kleineren und gr–þeren Geldbetr"gen, die uns unverhofft und un- vorbereitet plotzlich durch die Post auf unsere Schreibtische gelegt wurden. Wir haben dar¸ber berichtet Es war eine wirk- lich feine Sache. Daran erinnern nun Leserbriefe, die w¸n- schen, in diesem Jahr sollten wir eine "hn- liche Sad-e starten. So sch–n und gut sie w"re, doch wir k–nnen beim besten Willen so etwas nicht organisieren. Stellt euch vor. was fur einen Betrieb wir aufziehen m¸þ- ten, um in M¸nchen oder Hamburg irgend etwas prufen zu lassen. Im vergangenen *Jahr haben viele Gruppen der Gewerkschaftsjugend zu Weihnachten anderen Freude bereitet. Sie werden es in diesem Jahr wieder tun. Die Freunde, die helfen m–chten, sollten auch diesen Weg gehen, denn es ist der bessere. H T. 3 glam-- - - , - 1:
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