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Aufwärts
Jahrgang 3, Nr. 10 (May 22, 1950)
Ginhold, W.
"Aussprechen, was ist"..., pp. 2-3
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,, A4U4>fsCCC44fs, WAS (4/ .Aussprechen, was ist', ein gern zitier- tes Wort Ferdinand Lassalles. Wir wollen und m¸ssen die Wahrheit sagen, denn die deutsche Jugend hat nach den vielen Jah- ren des politischen Miþbrauchs, der Entbeh- rungen und Entt"uschungen ein Recht, die Wahrheit zu h–ren! Pfingsten! - Es geh–rt zur Tradition der deutschen Jugendbewegung, daþ man mit Gleichaltrigen und Gleichgesinnten auf Fahrt geht, wandert und sich zu gr–þeren Tref- fen versammelt. Im Gebiet der Bundesrepu- blik wird das die Gewerkschaftsjugend tun wie auch alle anderen Jugendorganisationen. In Preetz. Goslar. Limburg, Bad Kreuznach, Burg Hoheneck, am Chiemsee und an den vielen sch–nen anderen Pl"tzen unserer Heimat werden sich Jungen und M"del an Treffen der Gewerkschaftsjugend beteiligen. Die Beteiligung wird abh"ngig sein von der !inanziellen Lage des Jugendlichen und seiner Eltern. Auf Steueraufkommen und Lmlagen der L"nder, wie es z. B. in der Ostzone geschehen ist, k–nnen wir nicht zu- r¸cdrkgreifen. F¸r den Berliner Pfingstmdrsch der Freien Deutschen Jugend (FDJ) kann man schon mit konkreten Zahlen aufwarten. 500 000 lugendliche der Ostzone sollen äaufmar- schieren'. Eine kleine Gruppe aus dem We- sten Deutschlands wird auch sicherlich dabei sein. Wir aber, die freien und unabh"ngigen Jugendorganisationen der Bundesrepublik, werden keine Gegendemonstrationen durch- iihren, weil wir das nicht wollen, und jetzt bleiben wir bei der Wahrheit, auch nicht k–nnen. Wir lehnen es entschieden ab, mit materieller Unterst¸tzung der Staatsmaschl- nerie zu marschieren und uns f¸r politische Zwecke miþbrauchen zu lassen. Wir lehnen äeine erneute Vermassung der deutschen Ju- (qend ab. En den Pfingsttagen wird das deutsche Volk und dar¸ber hinaus die zivilsierte Welt mit berechtigter Sorge auf die so schwer ge- prufte Stadt Berlin sehen. Auf Grund der aggressiven Haltung des kommunistischen Staats-Jugendverbandes, der FDJ, haben die Westalliierten vorsorglich milit"rische Vor- kehrungen getroffen. Die Berliner Bev–lke- rung wird erfahrungsgem"þ die gr–þte Dis- ziplin wahren, denn sie weiþ, daþ die mit Sonderz¸gen aus den L"ndern der Ostzone herangebrachten 14- bis 21 j"hrigen Jugend- lichen f¸r den "Marsch auf Berlin' nicht ver- antwortlich zu machen sind. Nur schade, daþ die Jugend aus dem Osten Deutschlands kaum 2 3 Tage in Berlin sein kann und nur in den seltensten F"llen Gelegenheit haben wird, aus den ",Marschs"ulen auszu- biechen, um in Freiheit und frei von Furcht mit der Berliner Bev–lkerung ins Gespr"ch zu kommen. UAns interessiert nicht so sehr das Pfingst- treffen als vielmehr die Absichten und Hoff- nungen, die von seiten der politischen NIachthaber der Ostzone mit dem Aufmarsch verbunden sind. Es ist die Hoffnung auf Be- einflussung der deutschen Jugend in West- deutschland! \ä enn auch dieser oder jener Politiker, diese oder jene Gruppe in der Bundesrepublik in V erkennung der gegenw"rtigen Situation, in der wir uns als Deutsche befinden, eine laue Haltung an den Tag legt, so muþ doch gesagt werden, daþ die j¸ngere Gene- ration und die Generation der Kriegsteil- nehmer und Heimkehrer bereit sind, einen neuen Weg einzuschlagen. Die deutsche Ju- gend hat nach den Jahren des Zwanges und des Drills eine tiefe Sehnsucht nach Freiheit und Menschenw¸rde. Wir sch"tzen ein edc- tes demokratisches Erziehungsprinzip und wollen keine neue Staatsjugend im Ein- heitskittel! Wir haben genug des grau- samen Spiels und suchen Wahrheit und To- leranz! Die guten und anst"ndigen Menschen unter uns m¸ssen aufh–ren zu schweigen, damit nicht wieder Sdcreih"lse und Scharla- tane politische Machtf¸lle erhalten, die nur wieder zum Abgrund f¸hrt. Es ist ein offenes Geheimnis, daþ die so- genannte "¸berparteiliche' Jugendorganisa- tion, die FDJ, im Gebiet der Bundesrepublik sowohl f¸hiungsm"þig als auch ideell unter dem Einfluþ der kommunistischen FDJ der sowjetischen Besatzungszone steht. Dies wurde vor allem klar, als sich bei der Gr¸ndung des Deutschen Bundes-Jugend- ringes im Herbst 1949 die FDJ auþerstande erkl"rte, die Satzungen, die die Anerken- nung des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland erforderlich macht, anzuerken- nen. Damit dokumentierte die FDJ klar und unmiþverst"ndlich, daþ sie die demokratische Staatsform des Westens ablehnt. Die FDJ predigt den Haþ gegen die Bundesrepublik und gegen alle, die in ihr konstruktive Ar- beit leisten und-trifft damit auch die Arbeit der Gewerkschaften und ihrer Funktion"re. Die freien deutschen Jugendorganisationen, Landesjugendringe und der Deutsche Bun- des-Jugendring distanzierten sich von dem "Pfingstmarsch nach Berlin' und l–sten die Verbindung mit der FDJ. Auch die Gewerk- schaftsjugend warnte rechtzeitig ihre Mit- giieder an einer Teilnahme am Pfingsttref- fen. Der Bundes-Jugendausschuþ des DGB richtete folgenden Antrag an die Bundes- organe: Der Bundes-Jugendausschuþ empfiehlt Bun- desvorstand und Bundesausschuþ, einen Beschluþ dahingehend zu fassen, daþ der DGB und damit die Gewerkschaftsjugend die Zusammenarbeit mit den F¸hrungs- stellen der FDJ einstellt. Dieser Beschluþ soll keine Auswirkungen auf die loyale Mitarbeit von Mitgliedern der FDJ in- nerhalb der Gewerkschaften nach sich ziehen.' Der Bundesausschuþ des DGB befaþte sich in seiner Sitzung am 14. 15. April 1950 in D¸sseldorf mit diesem Antrag und gab seine einm¸tige Zustimmung. Mit diesem Beschluþ soll das einzelne und loyale mit- arbeitende FDJ-Mitglied in unseren Reihen nicht getroffen werden. Es darf aber auch keinesfalls so sein, daþ eine Doppelmitglied- schaft und eine Doppelfunktion dazu benutzt werden, Angriffe gegen die Gewerkschafts- einheit und gegen Beschl¸sse ihrer Organe zU f¸hren. Der Beschluþ des DGB und der Abbruch der Beziehungen zur FDJ gaben dem FDGB der Ostzone Veranlassung, in einer schmutzigen Art und Weise die F¸hrung des DGB wegen Verletzung der parteipolitischen Neutralit"t anzugreifen. Die zentral gef¸hrte Regie des Informationsb¸ros Eisler und der FDGB- F¸hrung klappe wie immer ausgezeichnet, und seltsamerweise konnte man feststellen, daþ aus verschiedenen Orten und Betrieben der Ostzone teils mit Beh–rdenpost' iast ¸bereinstimmend gleichlautende Entschlie- þungen dem DGB zugesandt worden sind, in denen von faschistischen Beschl¸ssen, von ,Kriegshetzern' und von Ausschluþ der FDJ- ler aus den Gewerkschaften die Rede ist. Die deutsche Arbeiterschaft wird mit aller Entschiedenheit alles bek"mpfen, was die Einheit der Gewerkschaftsbewegung be- droht. Der DGB ist eine Organisation, in der nach Statuten und Beschl¸ssen Ordnung herrschen muþ. Wer sich der selbst geschaf- fenen Ordnung nicht unterwerfen kann oder sie bewuþt miþachtet, ganz gleich, wel- ches Parteibuch das einzelne Gewerkschafts- mitglied tr"gt, handelt gegen die Interessen der Mitgliedschaft und der Einheit der Ge- werkschaften. Jedem anst"ndigen und ¸berzeugten Ge- werkschafter, ganz gleich, wo er politisch steht, muþ die Schamr–te ins Gesicht stei- gen, wenn er z. B. die vom FDGB heraus- gegebene illustrierte Handbrosch¸re liest. In dieser Schrift, die an die deutsche Ju- gend gerichtet ist, wird behauptet, daþ mit Zustimmung der westdeutschen Gewerk- schaftsf¸hrung: ,t"glich junge deutsche Menschen f¸r die Fremdenlegion der amerikanischen, eng- lischen und franz–sischen Imperialisten geworben w¸rden', --- so ist zu lesen: ,Sie sind bereit (damit sind ªB–ckler und andere Kr"fte Westdeutschlands´ ge- meint), die Jugend Westdeutschlands f¸r die Ziele der amerikanischen Imperiali- sten hinmorden zu lassen.' lind weiter im Text: durch die verbrecherische Politik der Bonner Separatregierung m¸ssen t"glich junge Deutsche ihr Leben lassen ... Herr B–ckler und Konsorten sind bereit, das deutsche Volk in einen neuen Krieg zu hetzen.' Frei ist die Jugend des Westens. Sie kennt keinen *__J Ws Vi * . .
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