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Aufwärts
Jahrgang 3, Nr. 4 (February 25, 1950)
Käthe
Das geht uns an, p. 6
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DAS GEHT UNS AN .M"nner und Frauen sind gleichberechtigt'. so heiþt es im Artikel 3 des Grundgesetzes. Welche Frau oder welches M"del hat sich diesen Satz einmal richtig angesehen und durchdacht? Wer weiþ denn schon von den Frauen und M"deln, daþ hier etwas ver- ankert ist, f¸r das jahrzehntelange K"mpfe erst die Voraussetzung schafften? Eigenartig ist es vor allem, daþ es die M"nner in dem Bonner Parlament waren, die durch ihre Mehrheit den Frauen solche weittragenden Rechte einr"umten. Ob sie wohl im stillen gedacht haben, geben wir ruhig den Frauen ihr papiernes Recht, sie wissen ja doch nichts damit anzufangen, ergo k–nnen sie uns auch in keiner Weise gef"hrlich werden? Letztlich werden wir M"nner ja doch machen, was wir wollen. Es steckt ein wenig Bosheit in dem letzte- ren, ich glaube aber auch ein wenig Wahr- heit. Gewiþ, die Frau steht im Berufsleben ihren .,Mann'. Frauen sind oft sehr klug, viel- fach sogar schlauer und gewandter als die M"nner. Frauen und M"nner stehen gemein- sam an den Werkb"nken, sitzen nebenein- ander im Kolleg. Ist das aber genug? Es war mir verg–nnt, in den letzten Jahren an vielen Lehrg"ngen teilzunehmen. Immer wieder wurde Wert auf die Zahlengleichheit von Jungen und M"dchen bei der Lehr- gangsbesetzung gelegt. In vielen F"llen er- dr¸ckten die M"del in ihrer Mehrheit die Jungen. Aber nur zahlenm"þig, und das ist das Bedauerliche. Wo blieb das M"del im Vortrag, wo in der Diskussion? Was hatte es zu den angeschnittenen Fragen zu sagen? Stellt man die M"dchen einmal zur Rede, so zucken sie mit den Achseln, l"cheln ver- legen und sagen: ,Was geht uns das alles an? Ihr M"nner habt euer Gebiet, die Poli- tik, und wir M"dchen haben unser Gebiet.' Das wird dann meist mit einer l"chelnden Selbstverst"ndlichkeit vorgetragen, die einen kalt stellt. Eigentlich sollten die M"nner dann auch l"cheln und selbstsicher die Angelegenheit auf sich beruhen lassen. Aber sind es nicht letztlich immer wieder die Frauen, die nach jedem Krieg Tr"nen vergieþen und die schwersten wirtschaft- lichen Lasten tragen m¸ssen? Warum bringen sie es nicht fertig, durch ihre Ubermacht dem Tr"nenstrom ein Ende zu bereiten? Oft fragen die Frauen und M"dchen mich: "Wollt ihr denn, daþ wir Frauen auf die Barrikaden gehen? Wollt ihr Frauen, die r¸cksichtslos und ªverm"nnlicht' sind?' Nein, Frau soll Frau bleiben. Es war mir immer ein Greuel zu sehen, wie Frauen in den ersten Jahren nach dem Krieg zum schwersten Arbeitseinsatz herangezogen wurden. Nicht hier hat die Frau ihre staats- b¸igerliche Aufgabe zu erf¸llen, sondern in der Mitarbeit am –ffentlichen Geschehen. Und den gewerkschaftlich organisierten M"deln m–chte ich sagen, es gen¸gt nicht, Besitzerin einer Mitgliedskarte der Gewerk- schaften zu sein, vielmehr muþ sich jedes M"del in irgendeiner Form mit in die Arbeit einschalten. Nicht bescheiden hintenan- stehen, sondern selbst mithelfen, daþ der Artikel des Grundgesetzes "M"nner und Frauen sind gleichberechtigt' keine Phrase bleibt, sondern Tatsache wird. Ich glaube nicht, daþ die Zur¸ckhaltung der Frauen im politischen Raum eine Folge der weiblichen Eigenart ist, sondern diese Zur¸ckhaltung ist den Frauen anerzogen worden und wird bewuþt weiter gepflegt und gef–rdert aus ganz egoistischen Gr¸n- den. Arm, K–nndher Ja, was ist es eigentlich, dieses Zauberhafte, das eine Frau entweder hat oder nicht hat, das ihr so manche T¸r –ffnet und sie be- f"higt, oft recht verfahrene und schwierige Situationen mit Leichtigkeit zu meistern? Scharm ist die deutsche Schreibweise t¸r das franz–sische "Charme-, steht im Le.i- kon und heiþt soviel wie Anmut. Liebreiz ... Aha, Liebreiz, also hat es etwas mit Jugend und Sch–nheit zu tun ... Nat¸rlich, aber dlas allein ist es nicht. Wenn man von einer Frau sagt, "sie ist scharmant, so bedeutet das viel mehr, als wenn man sagt, "sie Ist sch–n" oder nsie ist jung'. Scharmant sein bedeutet, daþ sie das gewisse Etwas besitzt, um dessentwillen ihre Umgebung sie lie- benswert und reizend findet, ohne daþ sie nun eine nach bestimmten Gesichtspunkten zu messende Sch–nheit ist. Jeder kennt doch die nach einem Vorbild (Schablone w¸rde man besser sagen) mit viel Geduld und Technik zurechtgemachten Sch–nheiten. Von weitem sehen sie viel- leicht sehr gut, aus, aber spricht man ein- mal ein paar Worte mit ihnen, so merkt man, daþ nur wenige darunter sind, die als wirklich liebenswert bezeichnet werden k–nnen. Kalt und langweilig wirken sie, und ihre sogenannte Sch–nheit ist nur eine leere Form ohne Inhalt. Und damit kommen wir auch dem Zauber- haften n"her, das wir Scharm nennen. Auf den Inhalt kommt es an! Irgendwo las ich einmal: "Ein Lump ist, der mehr gibt, als er hat." Daran muþ ich immer denken, wenn ich sehe, wie sich manche unserer lieben Mitschwestern abqu"lt, besonders anziehend, liebensw¸rdig, freundlich und herzlich zu scheinen. Jetzt werdet ihr traurig fragen, ja, wie machen wir es denn, wenn wir scharmant sein wollen, kann man es denn nicht lernen? Nein, lernen, wie man Lesen und Schreiben lernt, kann man es nicht, aber zu ver- zweifeln brauchen wir deshalb keineswegs, die allermeisten Frauen besitzen n"mlich nat¸rliche Anmut in ausreichender Menge, nur verstehen viele nicht, sie zu ent- wickeln und wirksam werden zu lassen. Vor allem geh–ren Mut, viel Mut, Offenheit und Ehrlichkeit vor sich selbst dazu, so zu sein, wie man wirklich ist, und die Form zu finden, die der eigenen kleinen Person entspricht. Auch gute Umgangsformen sind wichtig, aber bei etwas Herzenstakt wird es nicht schwer, sie zu wahren. Unbedingt notwendig sind aber eine groþe Portion Herzensw"rme und menschliches Verst"nd- nis (auch f¸r anderer Leute Sorgen und N–te), auch ein kleiner Schuþ von Schelmerei kann nichts schaden, und letzten Endes ist Scharm nichts anderes als der Ausdruck einer inne- ren Harmonie, die den Menschen fr–hlich und heiter macht, ihm etwas Leichtes, Schwereloses verleiht, ohne ihn leichtsinnig und gedankenlos werden zu lassen. Diese innere Harmonie durchleuchtet ihn und strahlt auf seine Umgehung aus. Nun werdet ihr wahrscheinlich fragen: Jn- nere Harmonie? Ist das nicht etwas viel ver- langt nach all dem, was wir durchgemahnt haben, und bei all den Schwierigkeiten, wo- mit wir uns noch jeden Tag herumschlagen m¸ssen? Und ist es nicht auþerdem auch eine Charaktereigenschaft, die viel eher "lteren, abgekl"rten Menschen zukommt{? Durchaus nicht! Ihr wiþt doch, Sorgen und Schwierigkeiten lassen sich bedeutend bes- ser ¸berwinden, wenn wir uns nicht von ihnen unterkriegen lassen. Und innere Har- monie ist nicht Abgekl"rtheit im Sinne von Resignieren und Verzichten, sondern Zusam- menklang von K–rper und Geist, von Herz und Verstand zu der wohlklingenden Melo- die einer bejahenden, verstehenden und liebenden Erfassung alles Lebens. Dahin zu kommen ist allerdings nicht ganz leicht, stete Selbsterziehung und Beobachtung ge- h–ren dazu. Immerhin lohnt aber ein Ver- such, denn wir alle haben doch den Wunsch, auþer gleichberechtigten und selbstbewuþ- ten, auch anmutige und liebenswerte Frauen zu werden. a"the
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