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Aufwärts
Jahrgang 3, Nr. 3 (February 11, 1950)
Geschichte der Baukunst, p. 15
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Page 15
1.GESCHICHTE DER BAUKUNST In unserer Weihnachtsnummer haben wir euch nit de, stileiementen vertraut gemacht, die f¸r die verschiedensten Epochen der Baukunst typisch sind, Alit der Beschreibung der fr¸hmittelalterlichen Kirche in Gernrode beginnen wir einen Weg durch die Geschichte der Baukunst. in den iolgenden Heften soll diese Reihe in laser Folge weiter gel¸hrt werden. Dabei greilen wir immer nur ein Beispiel heraus. Die Kunstauþlerungen aller V–lker und L"nder sind religi–sen Ursprungs. So muþ man es als selbstverst"ndlich hinnehmen, daþ die besten Leis tun gen mittelalterlicher Baukunst Kirchen sind. Die profanen K¸nste treten in jeder Kulturepoche erst sp–ter aul. Deshalb entstammen bedeutende Sdil–sset, B¸rger- und Rath"user einer sp"teren Zeit, Bahnh–le, Fabriken und Schulen aber erst der allerj¸ngsten. des Am S¸dostabhang des Harzes liegt das kleine St"dtchen Gernrode. Dort steht der "lteste, einheitlich erhaltene gr–þere Kir- dienbau aus dem deutschen Fr¸hmittelalter: die dreischiffige flachgedeckte Basilika St. Cyriakus. Dies ist nicht der "lteste mittel- alterliche Bau in Deutschland ¸berhaupt; Aachen, Werden, Fulda und andere gingen voraus. An St. Cyriakus aber ist am besten die alte Form gewahrt. Die Basilika in Gernrode wurde 961 be- gonnen in der Zeit Ottos 1. (936-.-973). Weil die Bauwerke der romanischen Zeit, also bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts, unterein- ander sehr verschieden sind, hat jede Stil- epoche ihren Namen nach den Herrscher- h"usern der deutschen K–nige und Kaiser bekommen. So bezeichnen wir ein Bauwerk dieser Zeit als ein Werk der ottonischen Kunst (919--1024). Ein Kunstwerk betrachten, setzt bei einem Bauwerk voraus, daþ wir es an Ort und Stelle sehen und umschreiten, daþ wir hin- eingehen und es im Innern abschreiten. Wenn wir an einer Stelle drinnen oder drauþen stehenbleiben, m¸ssen wir unseren Kopf drehen und heben; eine Wandfl"che oder ein Einzelteil in unseren Blick nehmen; eine Fensterreihe vergleichen mit einem Bogen- paar; eine Pfeilerh–he neben der Wand- h–he sehen, um so schlieþlich das Ganze er- fassen zu k–nnen und die einfachen Grund- gesetze zu erkennen. Das Eigent¸mliche bei der Erfassung der Baukunst ist also unsere Ortsbewegung, die bei der Plastik kaum, bei der Malerei gar nicht erforderlich ist. Die Gesamtform von St. Cyriakus wirkt wie ein plastischer Raumk–rper, der in sich ruht und durch Umgreifung klarer Formen ge- staltet wird. Dies zu erkennen mag dem, der sich noch nicht viel um Formen gek¸mmert hat, zun"chst etwas schwer vorkommen. Es ist aber nur scheinbar schwer. Wir wollen es uns an einer Wand des Mittelschiffes klarmachen. Nur ein Mittelpfeiler, der die genaue Mitte des Langhauses bezeichnet, trennt die Wand im Untergeschoþ in zwei Joche. Das heiþt, zwei Joche sind um eine Mitte gruppiert. Rechts und links bildet wieder nur eine S"ule die Mitte jedes Wandjoches. Von die- ser einen S"ule gehen wiederum zwei Bo- gen aus. Im Enmporengeschoþ dar¸ber ist diese symmetrische Mittebezogenheit wieder durch einen st"mmigen Pfeiler deutlich, der in genau der gleichen Achs.e ¸ber dem un- teren steht. Nach links und rechts sehen wir jetzt drei Bogen, die jeder zwei Bogen- –ffnungen ¸bergreifen. Hier h–ben wir also so ein St¸ckchen Archi- tektur, an der wir den Geist der Gruppie- rung, der Umgreifung und Ubergreifung in starker Anwendung packen k–nnen. Diese Gruppierung aber ist nicht sklavisch, denn schon die Fenster dar¸ber in der gleichen Wand folgen einer eigenen Gesetzm"þigkeit. Sie stehen in keinem symmetrischen Ver- h"ltnis zum Mittel- und 'Untergeschoþ. Das heiþt also, streng genommen ist die Wand- aufteilung nach oben hin nicht zu Ende ge- dacht. Man kann dias aber auch als die frei- heitliche Anwendung der Formen begr¸þen. Trotz der fehlenden Symmetrie st–ren die Fenster nicht, sondern wirken als gutes, formbildendes Element. Am sch–nsten ist der Blick auf den gesam- ten Auþenbau. Der reich gegliederte und doch strenge Bauk–rper setzt sich zusammen aus einer rhythmisch bewegten Folge pla- stisch geschlossener Einzelteile. Bei der Be- trachtung einer solchen Kirche ergibt sich noch eine wichtige Feststellung gerade f¸r tlnsere Zeit. Wir durchdringen den Bau gar nicht nach dem Verh"ltnis von Tragkraft und Schwere, nach Zweckm"þigkeit und Raumausnutzung, sondern K–rper und Raum dr"ngen sich uns mit ihren Maþen auf. Sie erhalten aber ihre Maþe und ihre praktische Anwendung aus geistigen, das bedeutet ab- strakten Kr"ften mit einer ganz bestimmten, dem Auge leicht faþbaren Ordnung. Ÿhnliche Bauwerke dieser Zeit sind das Essener M¸nster, St. Michael in Hildesheim, St. Georg auf der Insel Reichenau. In allen "uþert sich schon etwas von der selbst- sicheren, trotzigen Art, die dann st"rker noch zum Ausdruck kommt in den Kirchen der n"chsten Zeitspanne, besonders im Dom zu Speyer oder in der Abteikirche Maria Laach. W. Fotos: Stadtbildstelle Krefeld 9. 864 . Scritlitng Han Trp , K–n Prseas Ru , 8 .1 Frsc 4.br 03 56 . 4elgsetug Hein Decker, Gerg Reuter *rcen all 14Tg, Bezgs preisviertlj"h ,ich ,. Pfg . zu¸ld . Pf. Zsel ge¸ .Betlln be allen Potmtr un Jued fukio"e. nerag eneantn aukrpe mu ¸cprt. .ie¸g. .re. 4DrckäK–ne Prserc Gmb *. K–l . Prsshas BrieSrþ* 0 *.. 6 6 *~~~~1
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