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Aufwärts
Jahrgang 3, Nr. 3 (February 11, 1950)
H. E.
1000 in der Großküche, p. 3
Kranz, W.
Der neue Lehrling, p. 3
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Es ist heute nicht leicht, tausend junge Menschen zusamoen zu trommeln; es sei denn, beim Fuþballspiel. In M¸nchen aber, ging es um die Rechte der schaffenden Jugend. Direkt von der Arbeits- st"ttk str–mte sie zur *Groþk¸che M¸nchen' und demonstrierte dort f¸r die Aufrechterhaltung des 24t"gigen Jugendurlaubs. Fotos: Otmar Wiedemann In der Groþk¸che M¸nchen' wird nicht nur Suppe gekocht. Am 20. Januar demonstrier- ten dort ¸ber tausend Lehrlinge und jugend- liche Arbeitnehmer aus M¸nchner Betrieben f¸r die Aufrechterhaltung des 24t"gigen Ju- gendurlaubs. Das bisher geltende bayrische Urlaubsgesetz war am 31. Dezember 1949 abgelaufen. Gewisse Wirtschaftskreise aus Handel, Handwerk und Industrie witterten eine Chance. dem jugendlichen Arbeitneh- mer ein paar Tage seines kargen Urlaubs wegzunehmen. Als Sprecher der arbeitenden Jugend Bayerns trat der Jugendsekret"r des DGB, Ludwig Koch, unmiþverst"ndlich f¸r die For- derung der jungen Demonstranten ein, auch f¸r die kommende Zeit die alte Urlaubs- regelung beizubehalten. Nachdem Lorenz Hagen, 1. Vorsitzender des Landesbezirkes Bayern im DGB und Mitglied des Landtages (er hatte wesentlichen Anteil am Zustandekommen des 24t"gigen Jugend- urlaubs im Gesetz von 1948 49), einen Be- richt ¸ber die gegenw"rtige Beratung des neu zu schaffenden Gesetzes gegeben hatte, sprach jeweils ein Vertreter der CSU, SPD und FDP. Martin Trettenbach, Landtagsabgeordneter der CDU, sagte, in der Urlaubsfrage d¸rfe nicht der Verdienst im Vordergrund stehen, sondern der Mensch und seine Arbeitskraft und eine gesunde Jugend, denn der Kran- kenstand bei der jetzigen Urlaubsregelung betrage nur 4. v. H., vordem dagegen 6 bis 8 v. H. SPD-Sprecher Waldemar von Knoeringen er- kl"rte, daþ seine Partei mit ihrer ganzen Kraft hinter den Forderungen der Demon- stranten stehe. Er w¸nschte seinem CDU- Kollegen viel Gl¸ck, damit er die CDU- Fraktion von seiner bekundeten Meinung ¸berzeugen k–nnte. .Dann ist der geforderte Jugendurlaub im Parlament gesichert.' Kurt Weidner (FDP) meinte, der Jugend- urlaub m¸sse auf Bundesebene geregelt wer- den. Pers–nlich erkannte er die gesetzliche Regelung als berechtigt an. -- Dann aber sagte er ungef"hr das Gegenteil Von Mar- tin Trettenbach: Bei der Festsetzung m¸sse die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund stehen, denn unter diesem Gesichtspunkt sei der Jugendurlaub keine weltbewegende Sache. Abschlieþend parierte Max W–nner, Gene- ralsekret"r der Landesbezirksleitung Bayern im DGB: Durch intensivere fachliche Ausbil- dung der Jugendlichen sei mehr Wirtschaft- lichkeit zu erreichen als durch einen Abbau des Urlaubs. Das bequeme Abschieben die- ser Frage auf die Bundesebene lehnte er ab. Was wurde in der RGroþk¸che M¸nchen' gebraut? Zwei einm¸tige Entschlieþungen, die man dem bayrischen Ministerpr"sidenten und den Abgeordneten des Landtages ser- vierte. Wir sind gespannt, wie man sie ver- dauen wird. E. H. Foto: Aufwarts In wenigen Wochen nun werden wieder neue Lehrlinge neben uns stehen. Wie k–n- nen wir nun den Jungen oder M"deln hel- fen, sich im Beruf einzuleben und wohlzu- f¸hlen? Meistens hat ja der junge Mensch gar keine Verbindung zum Beruf, ganz gleich, ob er nun den Beruf erlernen wollte oder nicht. Ging es uns nicht genau so? Wir haben die Lehre hinter uns und wissen ganz genau, was von unseren ,Berufsbildern' an uns ges¸ndigt wurde. Wir schreien nach einem Berufsausbildungsgesetz, nach Einhaltung des Jugendschutzgesetzes. In f¸rsorglicher Weise wollen wir f¸r unsere jungen Kolle- gen etwas schaffen. Was aber tun wir in der Praxis? Meistens machen wir es, wie man es mit uns gemacht hat. Wir sehen im Lehrling zu- n"chst einen besseren Laufburschen und sehen ihn gar nicht f¸r voll an. Unsere Aufgabe sollte es nun wirklich sein, eifers¸chtig dar¸ber zu wachen, daþ der neue Lehrling wirklich so angefaþt wird, wie es ihm zukommt. All diese Fehler, die bei uns gemacht worden sind und die wir heute erkennen, sollen bei dem neuen Lehr- ling nicht mehr vorkommen, daf¸r m¸ssen wir uns einsetzen. Laþt den Lehrling nicht nur mitlaufen, sondern nehmt ihn in eure Mitte. F¸hlt euch f¸r jeden Lehrling per- s–nlich verantwortlich. Zeigt ihm die Sch–n- heiten im Beruf, die M–glichkeit, etwas Gan- zes zu schaffen. Erzieht ihn so zur Freude am Beruf und an der Arbeit. Er darf seine Arbeit nicht als hartes Muþ auffassen, son- dern als Lebensaufgabe. Lobt ihn ruhig, wenn er es verdient, es gibt ihm neuen Mut, aber zeigt ihm beim Lob gleich auf feine Art, was man noch verbessern kann. An euch ganz allein wird es liegen, ob der junge Mensch sich in seinem Beruf wohl- f¸hlt oder nicht. K¸mmert euch um den Lehrling in jeder Beziehung. Denkt daran, viele dieser jungen Menschen haben keine V"ter mehr, die Mutter aber im t"glichen Lebenskampf ¸bersieht gewiþ manches. Sagt nicht, wenn euch etwas an dem Lehrling nicht paþt, es sei seine Pri- vatsache. Denkt daran, sp"ter k–nnte der- selbe junge Mensch euch zum Vorwurf machen und euch sagen: Du hast es gesehen und h"ttest es mir sagen m¸ssen. Wenn nun euer Lehrling mal eine schwache Zeit hat, tut ihn nicht mit einer Handbewe- gung ab. Es gibt keinen Lehrling, ganz gleich, ob Junge oder M"del, der von An- fang bis Ende gut ist. Denkt daran, was men euch anvertraut. Fast ein Kind noch, kommt der Lehrling zu euch. Ihr gebt ihm die Grundlage f¸r sein ganzes Berufsleben. Unser neuer Lehrling soll so ausgebildet werden, wie wir es immer fordern. W. Kriz 3 DER NEUE LEHRLING
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