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Becher, Johannes Robert, 1891-1958. / Wir, Volk der Deutschen; Rede auf der 1. Bundeskonferenz des Kulturbundes zur Demokratischen Erneuerung Deutschlands (21 Mai 1947)
(1947)
VIII. Überparteilichkeit, pp. 65-71
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wendet, weil er dadurch den Totalitatsanspruch der eigenen Clique bedroht sieht. Wir k6nnen es nur noch einmal wiederholen, wonach wir uns, was das Verhiltnis zu den Parteien betrifft, stets in unserer Arbeit gerichtet haben, und wir sind uber- zeugt, dag jeder verniinftige Politiker uniserem Stand- punkt beipflichten wird. ,,Wir begrUien die Bildung groger politischer Parteien als den, Neubeginn einer freien politischen Willensbildung unseres Volkes. Wobei wir unsererseits besonders darauf hinweisen mochten, daR Demokratie nicht nur eine Frage der Staatsform und der Staatsfiihrung ist, sondern auch, und nicht zuletzt, eine Frage des personlichen Ve!rhaltens des einzelnen Menschen, der Lebenshaltung, der Bezie- hung derMenschen zueinander, der Weltanschauung. Eine Demokratie nur der Verfassung und dem Namen nach, eine Demokratie, deren Geist nicht den ganzen Menschen ergreift und ihn zu einem neuen freiheitlichen Menschen umwandelt, eine Demokratie ohne nationale Ideale und ohne demokratisches Pathos, eine Demokratie ohne De- mokraten, wie wir sie erlebt haben, wire heute erst recht nicht imstande, unserem Volk den inneren Halt und den staatlichen Gehalt zu geben, deren beide wir zu unserem Auferstehen bediirfen. Wir stehen also nicht im Dienst der einen oder der anderen Partei, wir schielen weder nach links noch nach rechts, unsere Erneuerungsbewegung umfafgt Parteilose ebeniso wie Angeh6rige aller Parteien, und wir sind uberzeugt, daB wir, vom Geist eines echten Demokratismus beseelt, allen Parteien zum besten dienen, sofern diese ernsthaft gewillt sind, Demokratie zu ver- wirklichen." Wohin aber treiben wir, wenn Parteilose einer ge- heimen Mitgliedschaft zu einer Partei verdachtigt wer- den, nur darum, weil sie der anderen Partei nicht h6rig sind. Kulturschaffende werden mit einem Anfuhrungs- zeichen versehen oder als ,,sogenannte" Kulturschaffende bezeichnet, nur darum, weil sie sich weigern, gewissen Parteiparolen zu folgen und sich unter keinen Umstanden 5a* 69
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