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Drews, Richard; Kantorowicz, Alfred, 1899- (ed.) / Verboten and verbrannt, deutsche Literatur 12 Jahre unterdrückt
([1947])
Ernst Toller, pp. 159-160
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Ludwig Turek, pp. 160-161
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Raublust, mit den gleichen Gefahrenzonen aufs neue schaubar wurde, da der Friede, von allen ersehnt, sich in eine Fratze wandelte, hinter der der neue Krieg drohte, da der Geist wiederum zur Fassade und zum Gespott wurde, trateh junge Dramatiker auf, die glaubten, die Idee habe im Kunstwerk iiber- haupt nichts zu suchen. * In Ernst Tollers im Zuchthaus geschriebenen ,,Schwalbenbuch" acht prophetischen Zeilen: finden sich diese Durch das Gitter meiner Zelle Seh ich Kinder spielen. Eingespannt in enge Zelle, Kerkerjahre... Marterjahre... Deutschland, Deine Sohne werden Viele Jahre Nicht mit Kindern spielen. LUDWIG TUREK 1898 in Stendal als Sohn eines Schlossers geboren, 1916 wegen Fahnenflucht zu Festungshaft verurteilt, aber im Novem- ber 1918 befreit. Turek schloB sich den KRmpfern gegen den Kapp-Putsch im Ruhrgebiet an. Von Freikorpssoldaten gefangen, entging er nur knapp dem Tode. Spiater machte Turek, als Segel- schiffs-Kapitan, groBere Reisen nach Asien und Afrika, von denen er in seinem ersten ersten Buch: ,,Ein Prolet erzhilt" be- richtet. Bei Kriegsausbruch wird er in Frankreich interniert. 1940 geht Turek, von der Gestapo nicht erkannt, mit rUck- wandernden deutschen Internierten nach Deutschland zurtuck und arbeitet 41 Jahre als Frdser bei den Stiebelwerken in Ber- lin-Tempelhof. Aus dieser Zeit und der illegalen Arbeit stammt der Roman ,Die Freunde" (Gebrilder WeiB Verlag, Berlin). Seefahrt- und Emigranten-Erlebnisse schil- dert das Buch: ,,KLAR ZUR WENDE": Zu seinen FilBen orgelte die Katastrophe. Wie ein wogendes Meer seine stdirmende Flut gegen den Fels wirft, so brandeten die gewaltigen Flammen gegen den Turm. Die Holle selbst war aus ihrer Urtiefe aufgestiegen und hatte sich Uiber die Siedlungen der Menschen und ihre dem Krieg dienenden Arbeitsstaitten gelegt. Neue Bomberwellen donnerten uber den Himmel, und ihre in Stahl gebdndigte, niederprasselnde Energie schlug wie Gottes eigene Faust auf das, wie es schien, von ihm selbst verfluchte Land und Volk. Gott in seinem Zorn hatte sich mit dem Teufel verbundet. Und Weil3miiller empfand dieses Biindnis als eine unabwendbare Notwendigkeit. Auch das bleiche, irre Schweigen des Wachhabenden imu Bunker wurde ihm angesichts der rundherum tobenden Vernichtung plotzlich verstandlich. Dieser Nazi war der ungeheuren Mitverantwortung erlegen, die er in dieser Notstunde vielleicht empfand. Wo ilberhaupt gab es den Menschen, dessen Herz die erdrulckende Last der Schuld an diesem Inferno zu tragen vermochte? Ein Herzloser nur
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