Page View
Drews, Richard; Kantorowicz, Alfred, 1899- (ed.) / Verboten and verbrannt, deutsche Literatur 12 Jahre unterdrückt
([1947])
Ludwig Renn, pp. 140-141
PDF (672.2 KB)
Erich M. Remarque, p. 141
PDF (662.5 KB)
Page 141
Llnl tiberrannt war und sich gerade kein Gegner zeigte. Aber dalB elner vaterlandische Geftihile gehabt hatte wahrend eines Sturmes, wo einem so viel greifbare Dinge vor Augen kommen - und vor allem wahrend eines millglUckten Sturmes zu singen? Nein, das ist Lilge, ist eine blole Phrase, und cine verflucht blutige! ERICH M. REMDARQUE 1898 In Osnabrtlck geboren, lpt der Ver- ging ins Exil und schrieb in Amerika u. a. fasser des in zahlreiche Sprachen fiber- die Romane ,Der Triumphbogen" und setzten erfolgreiclisten Kriegsbuches ,,Im ,,Die andere Liebe", die jetzt in Holly- Westen nichts Neues", Ols Film ebenfalls wood verfilmt wurden Weniger Erfolg ein Welterfolg vor 1933. Er schrieb noch hatte er mit seinem Roman ,.Drei Kame- einen zweiten Roman ,,Der Weg zurilck", raden'. Remarque ist inzwischen ameri- der die Nachkriegszeit schildert und im kanischer Staatsbtlrger geworden. - Wir Propylden-Verlag erschien. Seine BUcher lassen hier eine Episode aus dem Roman wurden im Mai 1933 verbrannt. Remarque ,IM WESTEN NICHTS NEUES" folgen: Mit einem Krach saust etwas Schwarzes zu uns herab. Hart nebep uns schldgt es ein: ein hochgeschleuderter Sarg. Ich sehe Kat sich bewegen und krieche hintiber. Der Sarg ist dem vierten in unserem Loch auf den ausgestreckten Arm geschlagen. Der Mann versucht, mit der anderen Hand die Gasmaske abzureiBen. Kropp greift reclhtzeitig zu, biegt ihm die Hand hart auf den Rucken und -hlt sie fest. Kat und ich gehen daran, den verwundeten Arm fret zu machen. Der Sarg- deckel ist lose und geborsten, wir konnen ihn- leicht abreiBen, den Toten werfen wir hmaus, er sackt nach unten, dann versuchen wir, den unteren Teil zu lockern. Zum Gluck wird der Mann bewultlos, und Albert kann uns helfen. Wir brauchen nun nicht mehr so behutsam zu sein und arbeiten, was wir konnen, bis der Sarg mit einem Seufzer nachgibt unter den darunter- gesteckten Spaten. Es ist heller geworden. Kat nimmt ein Stuck des Deckels, legt es unter den zerschmetterten Arm; und wir binden alle ufisere Verbandpackchen darum. Mehr konnen wir Im Moment nicht tun. Mein Kopf brummt und drohnt In der Gasmaske, er ist nahe am Platzen. Die Lungen sind angestrengt, sie habefi nur immer -wieder denselben heglien, verbrauchten Atem, die Schlafenadern schwellen, man glaubt zu ersticken. Graues Licht sickert zu uns herein. Wind fegt fiber den Friedhof. Ich schiebe mich uber den Rand des Trichters. In der schmutzigen-L immerung lieg, vor mir ein ausgerissenes Bein, der Stiefel ist vollkommen heil, ich sehe das alles ganz deutlich Im Augenblick. Aber jetzt erhebt sich wenige Meter weiter jemand, ich putze die Fenster, sie beschlagen mir vor Aufregung sofort wieder, ich starre hiniiber - der Mann dort tragt keine Gasmaske'mehr. Noch Sekunden warte Ich - er bricht nicht zusammen, er blickt suchend umher und machte einige Schritte - der Wind hat das Gas zerstreut - die Luft ist frei - da zerre Ich rochelnd ebenfalls die Maske weg und falle hin, wie kaltes Wasser str6mt die Luft in mich hinein, die Augen wollen brechen, die Aelle uberschwemmt mich und 1is- ht mich dunkel aus. 141
Copyright 1947 by Heinz Ullstein--Helmut Kindler Verlag.| For information on re-use see: http://digital.library.wisc.edu/1711.dl/Copyright