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Drews, Richard; Kantorowicz, Alfred, 1899- (ed.) / Verboten and verbrannt, deutsche Literatur 12 Jahre unterdrückt
([1947])
Max Osborn, pp. 129-130
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Carl v. Ossietzky, pp. 130-131
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und den nachkommenden Kollegen die Resultate der Selbstpruifung und das gewonnene Wissen als Erbteil zu hinterlassen. Diese Renaissance-Tendenzen 'erhielten sich durch Jahrhunderte. Bis in den Klassizismus von der Wende des achtzehnten Jahrhlunderts, der sich schmeichelte, den eigentlichen Kern der Renaissance-Idee Yleu und reiner selbst als ihre Begrrunder herausgeschalt zu haben. Dann hort das Auf- schichten theoretischer Gebaude als planmaldige Nebentdtigkeit mehr und mehr auf, und an seine Stelle tritt, die Summe der gelegentlichen AuBe- rungen, von denen auch der letzte Schatten des Lehrhaften abfillt, und die uns eben darum nur immer tiefer und unmittelbarer in das grole Ratsel der zeugenden kuinstlerischen Kraft blicken lassen. CARL v. OSSIETZIKY 1889 geboren: Deutschlands. unabhbngig- geehrt, kurze Zeit nach seiner Entlassung ster Publizist zur Zeit der Weimarer Re- aus dem KZ, in dem er sich ein unheil- publik, tiberzeugter Pazifist und Kampfer bares Leiden zugezogen hatte, starb, fUr V6lkerverstdndigung, Entlarver aller ging einer der hochherzigsten MAitner, politischen DunkeLnanner, ist fUr sgin ein, aufrechter Verfecliter des Friedens Wir ken, seine Ideen und seine Vber- und der Menschgesittung dahin. - AUS zeugung in den Tod gegangen. Obwohl einem seiner hellsichtigen Artikel, die in Freunde ihm dazu rieten, hat er es ab- der .,Weltbilhne- erschienen sind - die- gelehnt, 1933 vor dem Hitlerregime ins ser 1930 - stehe hier ein Abschnitt, der Ausland z-u flilchten. Als er, von der die BLUTLINIE aufzeigt, die g,^diinig Kulturwelt durch den Friedensnobelpreis ins deutsche Verderbeh ffihren n¶tste: ... Man darf die Hitlerbewegung nicht allein nach den Zivilmimulern der Feder und Strasser beurteilen, man muB vor allem auf ihre militarischen Fauste schauen. Die Organisationen sind gespickt mit Offizieren aus der Freikorpsepoobe. Diese Killinger, Heines, Stennes, G6ring kommen alle von Ehrhardt-RoBbach und vom Baltikum. Sie fuhlen sich nicht Hitler dienst- bar, sondern ihren alten Chefs. Sie sind die Parasiten in der neuen Firma, sie tragen andere Interessen hinein, ohne die neue Kasse zu verschmahen, aber sie sind unentbehrlich, weil Erfahrung und gute Nerven sie uiberall fUr diq Exekutive empfehlen. Der kleine Goebbels ist fur solche Schwerarbeit nicht ohne Riechflaschchen denkbar, der Schlag Heines reibt sich am Gras das Rot von den Hinden und geht zym Eisbeinessen. Es gibt ein paar Dutzend Freikorpsofiiziere, skrupellose, fanatische, beute- gierige Abenteurer, die an allen nationalistischen Aktionen seit zw lf Jahren beteiligt sind. Es fuihrt eine Linie vom Edenhotel und denm Baltikum tiber Kapp und 0. S. welter zu den Ministermorden, der Schwarzen Reichs- wehir und dem Ruhrkampf, zu den Wahlraufereien und den zerbrochenen Scheiben in der Leipziger Strale. Vor ein paar Monaten wurden am Rhein auf GeheiB der Partei die Hauser wirklicher oder vermeintlicher Separa- tisten demoliert, diesmal wird sehr gegen ihren Willen, an dem Tage, wo sie sich als saIonfahig erweisen mochten, eine kleine Fensterscheibenattacke geritten, denn die Helden murren ob der Untatigkeit. Viele Politiker sind seit 1918 gekommen und verschwunden, geblieben ist eine Camorra von unbeschaftigten Offizieren, die standig im Geheimen neue Leute anzieht und2 In ihre Geschafte verstrickt. Lest im Buche von Gumbel nach oder In den Protokollen der vielen Prozesse, ihr werdet Immer die gleichen Namen
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