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Drews, Richard; Kantorowicz, Alfred, 1899- (ed.) / Verboten and verbrannt, deutsche Literatur 12 Jahre unterdrückt
([1947])
Walter Kolbenhoff, pp. 96-97
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Arthur Koestler, p. 97
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Annette Kolb, pp. 97-98
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ertrank erst in fernen dunklen Schbltten. Die Ohren des Hundes hingen her- Unter, er hatte den Schwanz zwischen die Beine geklemmt, seine spitze Schnauze lag auf dem Holze, seine Augen waren groB und traurig. Dicht neben ihm lag ein toter Star. Der Hund hatte lange gehungert, aber er fraB den Star nicht. Er sah, ohne den Kopf zu bewegen, in das Gemauer vor sich und winselte. ARTHUR KOESTLER Der 1905 in Budapest Geborene wurde in den zwanziger Jahren ein erfolgreicher deutscher Journalist. Er nahm an der ersten Arktis-Expedition des ,Graf Zeppe- lin" teil; 1931 trat er der Kommunisti- schen Partei bei. 1933 emigrierte er nach Paris. Wahrend des spanischen BUrger- krieges war Koestler der Korrespondent der Londoner ,News Chronicle"; er wurde in Malaga von Francos Truppen verhaftet und zum Tode verurteilt, weil er in der englischen Presse die deutsch-italienische Beteiligung auf Francos Seite aufgedeckt hatte. Durch englische Vermittlung wurde er befreit und veroffentlichte sein be- rtlhmntes Tagebuch unter dem Titel ,,Spa- nisches Testament". Nach seiner Rtlckkehr aus Spanien trennte er sich von der Kom- munistischen Partei, und in seinem 1940 erschienenen Roman ,Darkness at noon" gibt er eine Interpretation der Moskauer Prozesse, die seine Gegnerschaft zu SowjetruBland formuliert. Aus Frankreich entkommen, trat er in die englische Armee ein. Seine in den Jahren 1943 his 1945 erschienenen und weitverbreiteten BUcher ,,Scum of the earth", ,Arrival and De- parture", .,Der Yogi und der Kommissar" sind weitere Beitrage zu der Auseinander- setzung zwischen West und Ost. Koestler hat mit kritischen Voblehalten fUr den Westen optiert. Aus seinem 1943 in San- tiago erschienenen Aufsatz ,DIE GE- MEINSCHAFT 'DER PESSIMISTEN": Wer im Grunde seines Wemens Optimist ist, wird Tatsachen ins Auge sehen kinnen; in seinen kurzfristigen Voraussetzungen wird er pessimistisch sein; nur eingefleischte Pessimisten bediirfen des Anreizes durch Halb-Wahrheiten. Das Interregnum der ns chsten Jahrzehnte wird eine Zeit der Not und Bedrangnis sein, eine Zeit des Zahneklapperns, wir werden im Innern der weltgeschichtlichen Woge zu leben haben. HeiI~t das, auf dem Boden liegend und schicksalsergeben abwarten, bis die Zeit reif ist? Ich glaube an das Gegenteil. Was wir nbtig haben, ist eine handeInde Gemeinschaft von Pessi- misten (kurzfristige!). Diese Pessimisten werden nicht das Messer des Chir- urgen iiber dem kranken Korper der Gesellschaft schwingen, denn sie wissen, daB ihre Instrumente unsauber geworden sind. Sie werden mit offenen Augen und ohne die Scheuklappen von Sektierern Ausschau halten nach den ersten Anzeichen der neuen Gesittung. An ihrer Entfaltung Werden sie mithelfen; sobald sie leben, werden sie nicht verzweifeln.; Sie erwarten nicht, daM das Neue notwei~digerwelse von dieser oder jener Gruppe der Arbeitenden kommt, aber sie erwarten das Neue mit GewiBheit aus den Reihen der Armen, erwarten es von jeaen, die am meisten gelitten haben. ANNETTE KOLB Geboren 1875 In Badenweiler, deutsch- franzesischer Herkunft, Verfasserin sehr distinguierter Romane aus der Gesellschaft (,,Das Exemplar", .,Daphne Herbst" usw.) sowie der Essays: ,,Wege und Umwege' und der ,,Biiefe einer Deutschfranztsin", verlieBl 1933 Deutschland, floh 1940 vor den Deutschen aus Paris in die Schweiz, spater nach New York. Sie schrieb Im Exil: ,Salzburger Festspiele", ,Glickliche Reise" und einen Schubert-Roman. Ihre jtlngste Erzahlung: ,,Kibnig Ludwig II. und Richard Wagner" ist in Paris, wohin sie zurtlckgekelirt ist, veroffentlicht worden. - Aus den BlRIEFEN EINER DEUTSCHFRANZoSIN" hier eine Probe: Doch vom Tag an, wo das Sengen und Brennen und Schielen und Er- stechen und Niederstolen und Erwiurgen und Bombenwerfen und Minen-
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