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Drews, Richard; Kantorowicz, Alfred, 1899- (ed.) / Verboten and verbrannt, deutsche Literatur 12 Jahre unterdrückt
([1947])
Emil Henk, p. 63
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Stephan Hermlin, pp. 63-64
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EMIL I1ENK 1893 in Heidelberg geboren, Schiller und Freuncd Friedrich Gundolfs, kam schon frlih, zum Kreis der Jungsozialisten Mie- rendorff, Hauhach und Leuschner. Nach 1933 illegal tatig, wurde er verhaftet; nach seiner Entlassung gehorte er zum .Kreisauer Kreis", der auf den Sturz Hitlers abzielte. Er lst einer der wenlgen t~berlehenden; infolge eines technischen Versehens wurde er nach dem Attentat auf Hitler nicht verhaftet. Von seinen un- veroffentlichten GEFXNGNIS-GEDICH- TEN eine Probe (aus der Anthologie ,,De Profundis" im Desch Verlag, MIUnehen): Schlafe, Herz, was hilft's, Ob die Nacht auch kommt, Furchte nicht die Qual: Hindern kann's nur Gott. Niemand weiB den Weg, Den die Weltzeit geht. Warum bist du ganz Dusterkeit und Not? Schlafe, Herz, was hilft 's, Ob die Weltnacht kommt: Wegelos ist bald Aller Menschen Schrltt. STEPHAN HERMLIN Der jetzt zweiunddreiBigjahrlge Dichter hat nach seiner Verhaftung im Jahre 1933 und nach seiner Flucht aus Deutschland (im Jahre 1936) zwei Gedichtbande im Schweizer Exil veroffentlicht; auBerdem schrieb er Essays ftir franz6sische und Schweizer Zeitschriften. Proben seiner Lyrik erschienen vor allem im ,Ulen- spiegel" und in der Zeitschrift ,Die Fahre". Im Oberbadischen Verlag in Singen hat Hermlin jtlngst die von ihm fibersetzten Gedichte Paul Eluards, des in Deutschland noch so gut wie unbe- kannten groBen franzosischen Lyrikers und Kdrmpfers der franz6sischen Widerstands- bewegung, herausgegeben. Der im gleichen Verlag erschienenen eigenen Gedicht- sammlung Hermlins ,,Die StraBen der Flucl~t' entnehmen wir die BALLADE VON EINER STERBENDEN STADT: Wer gleich uns auf den Pldtzen des Hungers verkehrte Und betort im Regen der Nacht suBen Angsten sich gab Wem eine Ddmmerung die Stirn unheilbar versehrte Wenn der Zauber Merlins schlug am t6nenden Grab Er verschweige sich und versuche mit uns zu erkennen Den so schmerzlich vertrauten Gefdhrten Im Schatten der Welt Konnen wir noch das erschutterte Antlitz benennen Das unsern Anfang und das Geheimste hdlt? Kaum seh ich noch dein Gesicht Durch diesen Vorhang von Stahl Aus den Ebenen fahl Schwindet verdunkelt das Licht
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