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Drews, Richard; Kantorowicz, Alfred, 1899- (ed.) / Verboten and verbrannt, deutsche Literatur 12 Jahre unterdrückt
([1947])
Alexander M. Frey, pp. 46-47
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Richard Friedenthal, p. 47
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Das kommt daher, daS es Klassen glbt: die Kiasse der sch8nsten - und also wichtigsten - Frauen und die Klasse der schonen Frauen. Eine dritte Klasse, etwa der Unscheinbaren, oder gar eine vierte gibt es nicht. Das hat den normalen Vorzug sowohl fUr Professor Toneier wie fuir die gesamte Weiblichkeit, dal3 keine Frau -halicher sein kann aWs schon, RICHARD FRIEDENTHAL £chrieb vor 1933 eirnen bedeutsamen Cor- NachlaBverwalter Stefan Zweigs. = ier tes-Roman ,,Der Eroberer', einen Stefan ein Abschnitt aus dem Cortes-Roman; Zweig zugeeigneten Novellenband ,.Maria es handelt sich dabei urm ,DIE GE- Rebschneider" und Gedichte. Er ging nach FANGENNA1IME MONTEZUMAS" - eine England ins Exil und ist der literarische Probe seiner groJ3en Darstellungskunst: Ochoa legte dem K6nig die Fulschellen um die juwelenbesetzten Stiefel. Die von den Waden heruntertropfenden Perlenkettchcn kamen ihm dabel zwischen die Eisen und stbrten; kurz entschlossen fetzte er sie ab. Weit und lose hingen die breiten Ringe um die schmalen Knochel des Azteken; ihr Rand stieB gegen den hohen Rist seiner Fihie. Montezuma rtihrte sich nicht. Er hielt nur starr die Arme vor sich hin, als erwarte er, man werde auch die fesseln. Der Profos erhob sich und meldete Cortes, daB seine Arbelt beendet sel. Sein Gesicht glulhte vor Stolz Uiber diesen gr6oaten Tag seines Lebens. Der Generalkapitan loste die Hand vom Degen, den er in der Spannung krampf. haft umklammert hatte, machte eine verbindliche Geste und bat den K6nig, er moge die Ungelegenheiten, die man ihm leider.machen mullte, entschul- digen. Auch Leon trat heran und verbeugte sich verlegen und ungeschickt. Montezuma nickte leise. Cortes ersuchte ihn, seinen Wachfen und Hof- beamten die notigen Befehle zu geben. Es Werde zweckmalilg sein, ihnen bekanntzumachen, dal3 er aus eigenem freien EntschluB3 seine Wohnung wechsele. Guatemotzln, der altere der beiden Neffen, hob den Kopf zu selnem Oheim und fragte flusternd, ob er nicht die Leibgarden alarmieren solle. Die Frem- den wtirden es nicht wagen, sich an seiner geheiligten Majestat zu ver4 greifen. Montezuma winkte ab. Er befahl seine Siinfte. Guatemotzin keuchte her- vor, er wolle sich von den Spaniern niederstolen lassen, ehe er sich von der Stelle ruhrte. Montezuma wiederholte eigensinnig den Befehl: die Sanfte, schnell, die Sanfte! Er blickte Guatemotzin zornig an: man halte es wohl nicht mehr fAr n6tig, seinen Anweisungen zu gehorchen? Noch sei er der K6nig, ge- heiligt, unantastbar, allgewaltig, der Herrscher auf dem Bergthron; es be. liebe ihm, diesen Mannern zu folgen, und niemand habe sich darUber auf- zuhalten. Die Sanfte! Der jungere Neffe lief. Einer der Spanier begleltete ihn. Die Sanfte wurde gebracht. Montezuma tat ein paar Schritte. Erst jetzt spUrte er die Eisen, plbtzlich, schneidend; seine starr gespannten Gesichtszilge brachen ein und fielen ubereinander. Er schrle leise auf. Und mit einem Male schuittelte er sich, er stampfte auf, er begann zu toben. Cortes brillte die Eskorte an, die Leute stieien ihre Piken auf den Boden, und die Offiziere klirrten vor Aufregung mit den Waffen. Der Saal hallte von Larm. Cortes riB die Vorhange der Sdnfte zur Seite: vorwarts, mnan solle den Indianer hineinheben, schnell, aufnehmen die Sanfte! Abmarschieren!
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