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Drews, Richard; Kantorowicz, Alfred, 1899- (ed.) / Verboten and verbrannt, deutsche Literatur 12 Jahre unterdrückt
([1947])
Martin Beheim-Schwarzbach, p. 19
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Georg Bernhard, pp. 19-20
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MAARTIN BEHEIM.SCHIWARZICACH Geboren 1900 In London, lebte bis 1939 in Dle Herren der Erde", ,.Die Krypta', hamburg, seitdem in England. Seine be- ,.Novalis". - Hier eine kleine Probe aus kanntesten EUcher: ,,Die Michaelskinder", dem bei Dulk in Hamburg erschienenen ,.Der Gidubiger", ,,Das Buch vom Schach", Buch ,,VOM LEIBHAFTIGEN SCHMERZ": Die verstaubten und verrosteten Folterkammern mittelalterlicher Dunkel- heiten, die man schon als unglaubhafte, kuriose Sehenswiirdigkeiten fUr Geld zeigte, sind zu neuem Leben erwacht. Sie sind modernen Bedurfnissen zu- geschnitten. Die eisernen Jungfrauen sind schwerfialig und gravitftisch dem DAlinquenten zuviel Ehre, man hat die Leistungen der Technik zur Verfugung, kann mit Gas und Elektrizitft arbeiten, Gelbkreuz und Blaukreuz, Gleich- strom und Drehstrom, aber viele der alten, einfachen, unverwiistlichen Re- quisiten sind brauchbar nach wie vor, und vor allem: Diese Kammern werden zu Sdilen, Torturen werden am laufenden Band ausgefuhrt. Schornsteine rauchen, Krfne raffen die Leichenhaufen zusammen. Ein Inferno, das alles in den Schatten stellt, was danteske Phantasie je habe aussinnen k6nnen. Und Armeen von Helferer, abgestuft nach Rang, Dienstalter, Saalschlachtbewih- rung, eine Hierarchie von Folterknechten, sind mit Feuereifer, mit aufgekrem- pelten Armeln und felsten Wltzreden daran tdtlg. Das ist es! Nicht die Opfer, die Tfter sind die Klippen dei Schopfung. Es wird von Augenzeugen berichtet, daZ die Opfer sich nicht einmal wehren, durch zu viele H6llen sind sle schon geschlelft worden, sie begruien den Tod. Freilich, der Hollenlfirm in den vollgepackten Gassalen, wenn das Gift einstromt, zeugt davon, dal zwischen Sterbensbereitschaft und Sterben ein Abgrund klafft. Was aber werden die Tfter fMr einen Tod haben? Einen sanften, zweifellos, eine rasche Kugel oder allenfalls einen Strick; hier unten auf Erden ist von Ausgleich keine Rede. Was aber werden die Tfter fUr ein Fortleben haben? Wieviel Wirrsal, Lfihmung, Verfarbung, Gram und Verzerrung richten sie in der Welt hinter der Welt noch an? Wie sehen ihre Metamorphosen aus, wann treten sie elnt GEORG 1B3ERNHARID Georg Bernhard, In seiner Frtlhzeit als ,,Pariser Zeitung" heraus. Tm Exil schrieb Wirtschaftler, spater als Mitarbeiter von er das Buch: ,,Deutsche Tragbdie"; er ist Maximilians Hardens ,Zukunft" tatig, 1943 in Stockholm gestorben. Die nach- schuf sich einen bedeutenden Ruf als folgende Probe ist seiner in der Emigra- Publizist in seiner Eigenschaft als Chef- tion entstandenen Aufsatzreihe: ,,WARUM redakteur der ,.Vossischen Zeitung". 1933 SCHWEIGT DIE WELT?" entnommen, in ging er nach Paris und gab dort die der er eine sehr offene Sprache ftihrt. Vielleicht ist eine kleine Hoffnung vorhanden, daB die Welt ihr schreck. lichls Schweigen fiber das Schicksal vieler Funderttausender verfolgter, ver- stofener und gequflter Menschen eines Tages doch noch brechen wird. Der Bericht, den die Experten-Kommission des Volkerbundes dem Rat fUr se) 1e Januar-Tagung vorgelegt hat, wirkt wenigstens wie ein Schimmer In der Dunkelheit der Verzweiflung. Denn er spricht nicht nur von der Emigration aus Hitlerdeutschland und ihrem Elend, sondern er weist auch auf die Urt heber dieses Elends und sogar darauf hin, daB die Folgen nicht aufhoren' und sich Immer weiter vergoBern miissen, solange wle man die Ursachen andauern Mifilt. Die Ursachen? Das sind die barbarischen Handlungen eines Regimes, das in den kaum drel Jahren seiner Herrschaft eines der kulti-
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