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Aufwärts
Jahrgang 20, Nr. 7 (July 15, 1967)
Hadobu
Das Geld fehlt, p. 3
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Vierundzwanzig Stunden später ließen sich zwei dunkel gekleidete Herren mit Diplomatentaschen bei der Geheim- organisation THRUSH anmelden. <Wir glauben, daß wir Ihnen nicht zuviel zumuten", sagte der Wortführer, <aber in allen SOLO-Krimis kommt stets der Umstand vor, daß THRUSH vermittels einer genialen Idee seines Computers einem Land oder manchmal sogar der ganzen Welt Schaden zufügen will." <Genau das", nickte die THRUSH-Dame und lächelte sardonisch. <Es muß verdammt schwierig sein, sich immer etwas Neues einfallen zu lassen?" <Für einen Computer ist gar nichts schwierig. Kommen Sie zur Sache, meine Herren." <Die Frage, die wir Ihrem Unternehmen stellen möchten, ist folgende. Gesetzt, THRUSH wäre ein erklärter Feind der Bundesrepublik. Was wäre Ihrer Mei- nung nach das wirksamste Mittel, der Bundesrepublik auf lange Sicht den nach- haltigsten Schaden zuzufügen?- von der Atombombe und ähnlichen Scherzen einmal abgesehen?" Die Herren aus Bonn holten tief Luft und blickten die THRUSH-Dame erwartungs- voll an. <Soll das ein Auftrag sein?" <Geschäft ist Geschäft, wir bezahlen gut." ~Okay". Sie stand auf, zog ihren Mini- rock glatt und ging zu einer Stahltür, die sich mit leisem Summen vor ihr öffnete. <Gedulden Sie sich einen Augenblick. Ich werde die Sache dem Chef vorlegen. Was möchten Sie trinken?" Mit einer an- mutigen Kopfbewegung zu den bunten Flaschen im Hintergrund verließ sie den Raum. Ein Gong ertönte. Die Bonner Emissäre stellten ihre Whiskygläser auf den Tisch. Einen Augenblick später kam die Dame zurück. <Nun?" STHRUSH kann nichts für Sie tun, fürchte ich." Der Riß im Gemäuer ~Aber es muß doch, zum Kuckuck, ein wirksames Mittel geben, um die Bundes- republik aus ihrer Rolle einer modernen Industriemacht zu stoßen und sie in eine Art europäischen Schrebergarten zu ver- wandeln!" rief der eine und sprang auf. <Gewiß, das gibt es", nickte die THRUSH- Dame. Der Herr murmelte etwas von schlechten Nerven und setzte sich wieder. <Das wirksamste Mittel", sagte die Dame und blickte dabei auf einen silbrig schim- mernden Lochstreifen in ihrer Hand: <Be- halten Sie das Schul- und Erziehungs- system in der Bundesrepublik bei wie es ist, damit erzielen Sie nach den Berech- nungen von THRUSH am schnellsten und nachhaltigsten den von Ihnen ge- wünschten Effekt, meine Herren." Ungerührt fuhr sie fort: <Heute schon hat die Bundesrepublik an ihren Realschulen und Gymnasien einen Lehrermangel von teilweise über 50 Prozent. Trotz rigoroser Kürzung der Stundenpläne, durch die allein schon eine verläßliche und aus- reichende Wirkung in dem von Ihnen er- wähnten Sinne erreicht würde, wirkt noch beschleunigend die Tatsache, daß für nicht ganz unwesentliche Unterrichts- stunden wie zum Beispiel Naturwis- senschaften und Mathemathik oftmals fachfremde Lehrkräfte eingesetzt werden müssen, wenn der Unterricht nicht sogar ganz entfällt. Die Abiturientenquote, die bis zum Jahr 1970 in anderen europä- ischen Ländern zwischen 100 und 160 Pro- zent zunehmen wird, steigt in der Bun- desrepublik im gleichen Zeitraum nur etwa um 4 Prozent. Und so weiter und so weiter." Lithographie von A. Paul Weber Mit einer mißmutigen Bewegung ließ sie die Hand mit dem Lochstreifen sinken. <Ich verstehe nicht", sagte sie, <wozu Sie für den von Ihnen offenbar geplanten An- schlag auf die Lebenskraft der Bundes- republik unsere Organisation benötigen? Wir gestehen neidvoll, daß es anderswo offensichtlich Leute gibt, die THRUSH sogar noch über sind." Als sich die beiden Emissäre verabschie- deten, sahen sie nicht mehr ganz so ro- sig-zuversichtlich aus wie noch eine halbe Stunde zuvor. Der kleine Kabinettsaal war verqualmt vom Rauch vieler Zigaretten. <Nun?" Alle Augen richteten sich auf die beiden Herren, die schweigend in ihren Lederses- sein Platz nahmen. Franz Josef Strauß schwenkte den Blankoscheck. <Können wir Napoleon Solo den Auftrag erteilen?" <Nein." <Warum nicht?" <Es ist nicht wichtig", sagte der eine. <Geben Sie mir bitte eine Zigarette." <Wir glauben nicht, daß dies ein Auftrag für Solo ist", pflichtete ihm der andere bei. Dann zündeten sie sich jeder eine Ziga- rette an und überlegten angestrengt, wie sie den perfekten Vernichtungsplan ihren Kabinettskollegen erklären sollten. Gerd Angermann ner. 34 v. H. waren dagegen. rz v. m. waren unentschieden. Nur 9 v. H. der Arbeiter erklärten sich mit dem Krieg einverstan- den. Es sind also - wie so oft behauptet wird - nicht nur einige tausend verwirrte Jugendliche und Intellektuelle, die mit dem Krieg in Vietnam nicht einverstanden sind. Der Weltboxverband hat einen jungen Mann von 25 Jahren ausgeschlossen, weil er in Amerika den Wehrdienst ver- weigert hat. Nicht irgendwen, sondern den Weltmeister Cassius Clay. Dieser junge Mann war als <Großmaul" verschrien. Unfaires Verhalten hat man ihm nie nach- sagen können. Aber er schlug in seinen Kämpfen einen nach dem anderen. Und so verdarb er dem Weltboxverband das Geschäft, denn würde Clay immer weiter siegen, so wäre bald kein würdiger Geg- ner mehr da. Das aber kann - genauso wie schlechte Boxer - das Geschäft ver- derben. Der Weltboxverband steht ohne- hin nicht in gerade gutem Ansehen. Inzwischen wurde Clay zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Wer will es Clay verdenken, wenn er nicht Bomben auf friedliche Dörfer, wenn er nicht mit schädlichen Gasen andere Menschenvernichten,wenn erfruchtbares Land nicht zu verbrannter Erde machen will. Vielleicht wollte er nicht das Schicksal Hunderttausender von Soldaten erleiden, die heute in diesem furchtbaren Krieg Dinge tun, von denen sie sich im Zivil- leben mit Entsetzen abwenden würden. Hier, in der seelischen Vernichtung jun- ger amerikanischer Menschen, scheint mir ein wesentlicher Aspekt der amerika- nischen Tragödie zu liegen. Hadobu ~Der Krieg in Vietnam findet nicht nur in Vietnam statt, er ist überall. In allen Län- dern der Erde spüren wir ihn, fühlen uns von ihm bedroht, hoffen auf sein Ende." Robert Havemann
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