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Aufwärts
Jahrgang 16, Nr. 10 (October 15, 1963)
Helft der Jugend aus Angola!, p. 2
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D er Nachfolger Ben Gurions, Israels Mini- sterpräsident Levl Escol, gab vor wenigen Wochen dem Deutschen Fernsehen - Reporter war Peter von Zahn - ein Interview. Auf von Zahns Frage, ob der Staat Israel wünsche, mit der Bundesrepublik Deutschland diploma- tische Beziehungen aufzunehmen - es gibt in Israel viele Gegner dieser Idee -, sagte Escol, daß eine Antwort oder eine Reaktion auf diese Frage aus Bonn kommen müsse. Von Bundes- politikern waren zwar schon positive Äuße- rungen in dieser Hinsicht gemacht worden, und zwar von Bundestagapräsident Gersten- maier in Israel und New York und vom CSU- Vorsitzenden Strauß, aber das war alles noch unverbindlich. Escols Hinweis, Initiative müsse aus Bonn kommen, wurde kurz darauf beantwortet. Ge- schmackloserweise kam die Antwort aus Kairo und Damaskus, aus den Zentren der Todfeinde Israels, und zwar von den CDU- Bundestagsabgeordneten Majonica und Mar- tin. Sie sagten denen, die es hören wollten, die Mehrheit der CDU-CSU-Bundestagsfraktlon sei gegen eine diplomatische Anerkennung Israels. Nicht nur, daß Beziehungen nicht auf- genommen werden sollen, nein, man erkenne den jüdischen Staat nicht an, hieß es. Gemäß der von Professor Halletein aufge- stellten fragwürdigen Doktrin, daß die Bundes- republik Deutschland alle Staaten nicht an- erkennt, die mit der Sowjetzone diplomatische Beziehungen unterhalten, weil die Zone kein Staat ist und nicht das Recht hat, für das deutsche Volk einzutreten, hat demnach Israel kein Recht, für das jüdische Volk zu sprechen, weil es - denkt man die Aussagen von Martin und Majonica konsequent zu Ende - die Mehrheit der größten Partei im Bundestag ablehnt, Israel anzuerkennen. Ist den beiden Rednern eigentlich bewußt, daß der Staat Israel damit in seiner Beurteilung durch sie mit der von Ulbricht beherrschten sowjetisch besetzten Zone gleichgesetzt wird? Was mag in den Köpfen dieser Politiker vorgegangen sein? Ihre Aussagen müssen doch von den Bewohnern Israels zu Recht als Dolchstoß aufgefaßt werden. Zudem haben die beiden Volksvertreter ihren Parteivorsitzenden und Bundeskanzler Adenauer arg in die Klemme gebracht Adenauer will nämlich - wie aus Bonn verlautet - nach seinem Rücktritt eine Reise nach Israel antreten. Geschmacklosigkeiten sind bei der Ge- schwätzigkeit mancher Reisender in Politik, die entweder eine Konzession an den Gast- geber sind oder eine seltsame geistige Kon- zeption verraten, bei uns nicht selten. Wäh- rend U Thant, der Generalsekretär der Ver- einten Nationen, eine Einladung nach Por- tugal wegen der von diesem Land praktizierten Kolonialpolitik ablehnte, sagte Bundestags- vizepräsident Jaeger (CSU) den portugie- sischen Kolonialisten für uns peinliche Artig- kelten bei einem Besuch in Angola, und er genierte sich nicht, von Salazar einen Orden anzunehmen. Aber zurück zur Israelfrage. Der Forderung nach diplomatischen Beziehungen mit Israel ~aufwärts", Illustrierte Zeitung des Deut- schen Gewerkschaftsbundes für junge Menschen. Erscheint im Bund-Verlag GmbH., Köln-Deutz, Schließfach I. Ver lagsleiter: Wilhelm Biedor. Verantwortlich für Inhalt und Gestaltung: Hans Dohrenbusch. Tel.-8381. ~aufwärts" erscheint monatlich einmal. Bestellung durch die Post. Bezugspreis durch die Post vierteljährlich 1,S0 DM ein- schließlich Zustellgebühr. Unverlangt ein- gesandten Manuskripten muß Rückporto beigefügt werden. Kupfertlefdruck: DuMont Presse, Köln. sein. Die Schuld an unseren ehemaligen jüdi- schen Mitbürgern ist durch Wiedergut- machung, durch Zahlung von DM, nicht ge- tilgt. Wer meint, damit die deutsche Ange- legenheit ins reine zu bringen, der kann oder will nicht begreifen, was Charakter ist. Obrigens, die Israelis tolerieren unsere diplo- matischen Beziehungen zur VAR. Warum soll man von Nasser nicht erwarten dürfen, daß er eine Anerkennung Israels akzeptiert. Was ist das für eine Politik, die sich derart unter Druck setzen läßt und sich nicht entschließen kann, das zu tun, was hundertmal ihre Pflicht ist? Sowohl zu den arabischen Staaten wie auch zu Israel sollen und können diplomatische Beziehungen bestehen. Man muß sie nur wollen. Man sagt, Israels großer alter Mann, Da, Ben Gurion, sei zurückgetreten, weil sei deutschfreundliche Politik - er wollte die A nehme diplomatischer Beziehungen err chen - in der Bundesrepublik keine Geg( liebe fand. Seine zur Versöhnung aust streckte Hand wurde in Bonn geflissentli übersehen. Seine Politik war gescheitert. L Escol, sein Nachfolger, ein Mann, der Kc promisse schließen kann, hat diese Hand w der ausgestreckt. Majonica und Martin hab darauf geschlagen. Edmund Duda Helft der Jugend aus Angola! [er Kampf der Angolesen ums Freiheit )und Unabhängigkeit wird mit unglei- chen Mitteln geführt. Verzweifelt wehrt sich die Bevölkerung gegen das brutale Kolonialsystem der Portugiesen, gegen Verhaftungen, Zwangsarbeit, Mord und Diskriminierung. Ober 20000 Flüchtlinge haben Ihre Heimat, die für sie zum Land des Schreckens ge- worden ist, verlassen. Sie fanden im Kon- go Zuflucht und hoffen auf die baldige Be- freiung ihres Landes. Des Leben in den Flüchtlingslagem ist be- stimmt von Hunger und Krankheit, von Armut und unfreiwilliger Passivität. Die angoleaischen Gewerkschafter sind nicht untätig geblieben. Sie stehen, wie überall in den inzwischen befreiten LiLn- dem, in den vordersten Reihen des Kamp- fes. Die Gewerkschaftsjugend von Angola hat sich an eine besondere Aufgabe heran- gemacht:L Geistiger Hunger und kulturelle Bedürf- nisse unter den jugendlichen Flüchtlingen sollen gestillt werden. Eine Schule wurde gegründet - zunächst noch klein und mit unzulänglichen Mitteln. in die 1. Klasse gehen junge Männer und Mädchen, die noch nicht lesen und schreiben können, in der 2. Klasse werden diese Kenntnisse vor- ausgesetzt. Eine 3. Klasse ist geplant für diejenigen, die schon mehrere Jahre in der Schule waren. So Ist der Anfang gemacht, und es fehlt nicht an der nötigen Initiative. Woran es fehlt, das haben die angolesischen Kolle- gen der deutschen Gewerkschaftejugend geschrieben und sie um Hilfe gebeten. Sie wollen keine Millionen ~Entwicklungs- hilfe", sondern eine kleine, praktische Un- terstützung ihrer Arbeit, die für den Befrei- ungskampf und den späteren Aufbau von Angola so wichtig ist. Ihre Bitte richtet sich an jedes junge Ge- werkschaftsmitglied, an Jugendgruppen und Jugendausschüsse. Wir wissen, dort wird es keine tauben Ohren geben. Hier ist eine Gelegenheit. internationale Solidari- tät in der Praxis zu üben. Und das ist der Wunachzettel der Freunde aus Angola: Schreibhefte, Rechenhefte, Zeichen- blocks, Bleistifte, Tafeln, Griffei, farbige und weiße Kreide, Lineale, Radiergummi, Schreibpapier (linilert, kariert, linienfrei), AbzugspostWinkelmesser, Kurvenineale. Außer dem Schulmaterial sind auch will- kommen: Taschenmesser, Kämme, Zahn- bürsten, Handtücher, Bestecke, Seife, Kerzen, Freizeitmaterial (Bälle, Spiele, kl. Instrumente). Alle diese Dinge sind im Kongo kaum oder gar nicht zu beschaffen. Sie sollen darum hier gesammelt und dorthin geschickt werden. (Spendenpäckchen bitte beim DGB-Kreis abgeben). Für folgende Dinge benötigen unsere Freunde eine Geidunterstützung: 6 Schränke, 4 Schreibtische, Stühle, 1 gr. Tisch, 1 Weltkarte, 2 Afrdkakarten, 1 Glo- bus, Wörterbücher, Lexika, Anatomie-, Zoologie- und Botanikbücher, Klassen- bücher und -joumate, 2 Metermaße, 6 gr Zirkel, 1 Winkeimeßinstrument und div Schulbücher. Die Einrichtungsgegenstände können ir Afrika angefertigt werden. Die Schul bücher müssen wir im Ausland beschaf fen. Geldspenden können beim DGB-Kreis ab gegeben oder aber direkt überwiesen wer den auf das Konto Nr. 200 des DGB-Bun desvorstandes bei der Bank für Gemein wirtschaft, Düsseldorf. Stichwort Angol-Spende der Gewerk schaftsjugend. Wenn von dem Geld etwas Bestimmtes be schafft werden soll, dann genügt ein Ver merk, etwa: DGB-Jugendgruppe ,Hans Böckler" aus X-dorf, DM 50,- für Schul bücher. Die Sammelaktion soll sich nicht übe lange Zeit hinwegziehen, denn unser, Freunde warten auf schnelle Hilfe. Dar um bittet die Abteilung Jugend bein DGB-Bundesvorstand, bis zum 1. Dezem ber 1963 Päckchen oder Geld abzugeben. Jeder kann etwas tun. Helft der Jugend aus Angola. Deutscher Gewerkschaftsbund Der Bundesvorstand Abteilung Jugeng Günter Stephan Edmund Duda 1
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