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Aufwärts
Jahrgang 15, Nr. 12 (December 15, 1962)
Ott, Günther
Besuch bei Joachim Braatz, pp. 18-19
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An einem schönen Herbsttag machen wir uns auf den Weg, um diesen Künstler in seinem Atelier in Dormagen am Niederrhein aufzu- suchen. Auf einem kleinen Dorfbahnhof stei- gen wir aus. Eine kleine Fußwanderung unter herbstlich gefärbten Bäumen, an neuen Sied- lungen und alten Häusern vorbei. Wir stoßen dieser Stil? Es ist nicht leicht, ihn in bisher Bekanntes einzuordnen. ~Ja, seit einem Jahr male Ich l" eröffnet Braatz das Gespräch auf unsere fragenden Blicke hin. Es ist schwer zu ergründen, wie er, der zum lllustratorfast abgestempelte Künstler, zur Ma- lerei kam. Wir haben schon mal Aquarelle von Ihm in einer Ausstellung gesehen. seiner Feder und seiner Radlernade gesehen. Ja, vor uns liegt sogar ein dickes Buch, Martin Beheim-Schwarzbachs ,Schirasades Nächte" (Fackeiträger-Verlag, Hannover), das Braatz Illustriert hat. Ferner entdecken wir hier noch ein Werk, ~Deutsche llustratoren der Gegen- wart" von Eberhard Hölacher (Bruckmann- Verlag, München, 1959), ein kostbar ausge- statteter Band, in dem der Dormagener Künst- ler neben anderen der ersten Garnitur deut- scher Grafiker wie Prof. Seewald, Prof. Orlow- ski aus Berlin, des verstorbenen Hegenbarth', Gerhard Marcks, Hubert Berke, Willi Dirx so- wie Prof. Max Schwimmer aus Leipzig und H.T.Richter aus Dresden mit etlichen <lllu- strationen" vertreten ist. Aber Braatz will nicht einfach Erzählungen be- bildern, nicht nur Zeichnungen liefern, die auf Gedeih und Verderb-mit dem Text verbunden sind. Er nimmt das Wort, das literarische Erleb- nis, nur zum Anlaß seiner gegenständlichen <Kompositionen". Jedes Blatt sagt uns etwas, jede Radierung oder Zeichnung kann auch ohne Text bestehen, gleichsam als Bild, wenn wir wollen, eingerahmt an der Wand hängen. Immer wieder kommt Braatz auf ästhetische Gesetze. auf formale Probleme, zu sprechen. Auch wenn er über seine Schaffensweise Auskunft gibt. So konzentriert,« sich In sei- nen Druckgraflken bewußt auf die Komposi- tion, so setzt er seine grafischen Mittel - natür- lich nicht durchwegs - bewußt ein, hier den Grauton, dort die zarte Linie gegen die Fläche. Es scheint uns, daß von allen Künstlernamen Paul Klee an diesem Nachmittag am meisten auftaucht, dieser ,Kammermusiker in Farben",
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