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Aufwärts
Jahrgang 8, Nr. 5 (March 3, 1955)
Stuckmann, Heinz
Roter Fleck zwischen Main und Lahn, p. 4
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na ei nV J, aemi s. Keine Bremsspur die trockene Straße Lz nach Winningen. zU er;eiucie der ganzen Welt erregte titschen Physikers und In über die Gefahr der hn Stück genügten, das heit in Frage zu stellen, se Bomben fielen'. Pro- en Appell an die Völker, u setzen und ein fried- en, wenn auch die Ideo- n seien. i: Der Kobalt-Kobold stellt uns vor oder ko-krepierenl Wenige Tage vor dem Beginn der Abrüstungs- konferenz der Großmächte in London erklärte ýprecher der Sowjetregierung, die Sowjet-Union habe t erheblichen Vorsprung vor den Vereinigten Staaten er Herstellung der Atom- und Wasserstoffbomben. nd sei stark genug, dem Westen jederzeit entgegen- ten. Kurze Zeit später erklärte der amerikanische aminister Dulles in Bangkok, die Vereinigten Staaten &merika seien stark genug, jedem kommunistischen iff auf Grund ihrer Uberlegenheit in der Produktion Nasserstoffbomben erfolgreich zu begegnen. ur zum Verhandeln sind sie, wie man uns von ge- !r Seite immer wieder versichert, noch nicht stark - Weil der Berliner Senat und das Abgeord- netenhaus die Deutsche Partei nach den Aus- schreitungen auf einer ihrer Wahlversammlungen im Sportpalast als undemokratisch bezeichnet hatten, klagt die DP jetzt beim Bundesverfassungsgericht und möchte einen Ersatz für die ihr durch diese <Verleumdung' ent- gangenen Stimmen, Sie meint, daß sie ohne diese Er- klärung des Senats rund 20000 Stimmen mehr erhalten und damit die Fünfprozentklausel übersprungen hätte. Diese Stimmen möchte sie jetzt <rückerstattet haben. - Womit die freie Entscheidung des Wählers sozusagen als <Verdienstausfall' liquidiert werden könnte! Bei den Beratungen einer Novelle zum Bundes- entschädigungsgesetz kam ein Urteil des ,richts Mannheim zur Sprache, in dem festgestellt in Jude sei nach dem 8. November 1938 (Kristall- nicht wegen persönlicher Verfolgung, sondern nur wartung möglicher kommender Ereignisse' aus- lert. Sein Rentenantrag müßte daher abgelehnt Z vergasen Gericht als es einzu- Brückenpfellers steht ein 1er und Scheinwerfer und Fläche. Daneben Glas und kein Hospital mehr nützt. keine Schleuderspur. Gar E, die breite Moseltalstraße Der Dorfarzt kommt angerannt und bückt sich erst gar nicht und hebt hilflos die Hände. Er nimmt eine Essokarte, Blatt West, vom hinteren Sitz, faltet sie ein wenig um- ständlich auseinander und legt sie über das Gesicht des Toten. Zwischen Mait und Lahn breitet sich langsam ein roter Fleck aus. Die Leute stehen und schauen entsetzt. Der Rottenarbeiter von der Brücke erzählt zum elften- mal: <Nein - gesehen haben wir nichts. Wir waren bei der Arbeit, und auf einmal gab es einen lauten Krach. Da haben wir hinuntergesdhaut und sahen eine Staubwolke. Als die weg war, da sahen wir alles. Da sind wir hinunter- gelaufen. Ich glaube, er war schon tot ...» - <Wie schreck- lich', sagen die Frauen und schidcken zum elftenmal die Kinder nach Hause. Mit Sirenengeheul kommt ein Polizei- wagen angerast. .Stehen Sie nicht auf der Fahrbahn umher', schimpft der Kommissar.<Hören Sie-nicht?' Die Leute gehen einen halben Schritt zurück. Der Kommissar hebt die Essokarte, kurzem hat in der2 verkriecht sich in d ,Jetzt kommen wir xtung gesanden.. .er m Wagen und sagt zu de vieder nicht pünktlich zum sen.. Der Leichenwagen vom Nachbarort ist zuerst da. Er m', warten. Der Fahrer dreht sich eine Zigarette. Dann komn das Unfallkommando. Die Polizisten räumen die Stral ganz, weil sie fotografieren wollen. Die Leute stehe abseits und streiten immer noch, wie es geschehen sei kann: <Vielleicht hat er zuviel getrunken...» Ich gen zum Wagen zurück. Der Autosuper spielt: <Die Fra kommt direkt aus Spanien.... - noch immer Mittag konzert des NWDR. Die linke Moseltalstraße von Koblenz nach Winninge ist breit. Es ist ein klarer Herbsttag. Die Fahrbahn V trocken. Die Kurven sind leicht überhöht. Ich passe au daß die Tachonadel nicht über <65 klettert. Der Aut super schweigt. Die linke Moseitaltstraße von Winningen nach KocheA ist breit. Als ich hinter Gondorf auf den Tacho schaut steht er schon wieder bei .90. C'est la viel C'est la vitesse! Aber immer, wenn ich auf meiner Essokarte, Blatt We die Hocheifel oder das Main-Lahn-Gebiet sehe, fallen n die roten Flecken ein - ein großer und ein kleiner. Die offene Wunde in Berlin Von A uemare Doherr (Berlin) Keiner kennt ihre Zahl, aber jeder einzelne von ihnen ist eine lebendige Anklage. Sie leben auf Dachböden und in Sommerlauben, in Abstellräumen und in Ruinen, ständig auf der Flucht vor den Behörden, auf der Suche nach Ge- legenheitsarbeit, in ewiger Angst, daß ihre Schwarzarbeit entdeckt wird: die .illegalen' Jugendlichen von West- berlin, jugendliche Flüchtlinge #us der Sowjetzone, deren Fluchtgrund für die Anerkennung nicht ausreicht und die Irgendwo untergetaucht sind, weil sie dem Lagerleben entgehen wollen. Gewiß, sie hätten es sich überlegen sollen, als sie ihren Fluchtweg nach Westberlin antraten, aus Abenteuerlust, mit unklaren und irrealen Vorstellungen über den <golde- nen Westen', aus Unzufriedenheit mit ihrer eigenen Lage, oft auch aus Angst vor irgendeiner Strafe oder weil ihnen schwierige Familienverhältnisse unerträglich wurden. Ganz gleich, weswegen sie kamen: Sie sind mitten unter uns, zu Tausenden, wenn nicht zu Zehntausenden. Sie führen das Leben von Ausgestoßenen. Sie sinken schnell von Stufe zu Stufe. Man findet sie in den halbdunklen Seitenstraßen rund um den Bahnhof Zoo, als Schwarz- händler, Dirnen und Strichjungen, bereit, für ein paar Zigaretten und einen Schnaps alles zu tun. Sie hocken in rauchigen Kneipen in der Nähe von Flüchtlingslagern und bieten das Letzte feil, was sie besitzen: eine Armbanduhr für 2 DM, Schuhe für 4 DM, Hosen für 3 bis 5, DM, ja einen schweinsledernen Koffer für 5 DM und einen Leder- mantel für 10 DM. Wir indessen reden von Einheit und von der Zusammen- gehörigkeit aller Deutschen über die Zonengrenzen hin- vir versagen an einem mens hlichen rroblemL, =n nicht bald etwas geschieht, über den Kopf droht. Wir dulden Zustände, die dem Ge- Rechtsstaates ins Gesicht schlagen. Wir er- ihres Herzens den Glauben an den Westen in sich trage früher oder später politische Gegner. Machen wir uns nichts vor: Die von Monat zu Mon steigende Zahl der Rückwanderer, und meist sind Jugendliche, ist - von Einzelfällen abgesehen - e politisches Zeugnis gegen die Sozial- und Rechtsordnur der Bundesrepublik, die es nicht verstanden hat, die Menschen in den Arbeitsprozeß einzugliedern oder s - notfalls - auch zu erziehen. Allein schon die politische Klugheit sollte es gebieten von dem so strapazierten Begriff der Menschlichkeit gan zu schweigen -, daß diese Zustände so rasch wie möglid beseitigt und die schwärende Wunde geschlossen wir Die Berliner Behörden, gebunden -an die starren Norme des Notaufnahmeverfahrens, sind, wie die Dinge liege machtlos. Aber es ist Zeit, wenn nicht höchste Zeit, d Notaufnahmeverfahren zu ändern und den jetzigen -Ver hältnissen anzupassen, wobei man gern zugeben kanl daß die Fluchtbewegung vor Jahren, als die geltende Bestimmungen erlassen wurden, nicht im geringsten übersehen war, Im Jahre 1954 ist jeder vierte Flüchtling, der die dreizei Stationen des Notaufnahmeverfahrens durchlief, abgelehn worden. Das heißt: Zehntausende stehen ohne Recht au Arbeit und Wohnung, ohne Hoffnung auf ein geregelt& Leben vor der Tür des Westens. Der Einwand, daß zweife hafte politische Elemente rechtzeitig ausgesondert werde müßten und andererseits auch einem zu großen Anstur ein Riegel vorgeschoben werden soll, ist nicht stichhalti Der notwendige Schutz gegen Agenten ist die Sorg anderer Stellen, die dafür da sind. Aber welches höhe: Recht haben wir, Deutsche, nur weil sie auf der andere Seite der Zonengrenze wohnen, abzuweisen und de: Elend preiszugeben? Das Bekenntnis zur Wiedervereinigung und zur Einhe Deutschlands ist so lange eine Farce, solange wir denen die über die Zonengrenze zu uns fliehen, nicht die gleict Chance, ihr Leben zu zimmern, zugestehen wie uns selbs Schon aus Selbsterhaltungstrieb: Denn was nutzt der Karl ruher Kommunistenprozeß, solange wir in ueren Reihe Zustände dulden, die den gefährlichsten Ansatzpunkt fi Vom 23. Februar 195
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