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Aufwärts
Jahrgang 4, Nr. 22 (November 1, 1951)
"Immer in die Fresse", pp. [8]-[9]
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0 Wir vertreiben die Sorgen des Tages Seitdem ich keine kurzen Hosen mehr trage, fnde ich es weniger reizvoll, wenn sich zwei die Nasen blutig schla- gen. Es gibt aber anscheinend auch Leute, die nicht alter geworden sind. Irgendwo in einem Saal. Am Boden liegt Henggeler. Sdeiedsrichter Nagy z"hlt aus: ,Eins - zwei - drei - vier..." Da tritt Waniek Henggeler ins Gesicht, kurz und hart - und noch einmal - und noch ein- mal. Schiedsrichter Nagy pfeift, pfeift sich die Lunge aus dem Hals. Das st–rt Waniek nicht. Er tritt. ,Pfui" schreien die einen, äIn die Fresse' die anderen. Nagy pfeift noch immer. Waniek tritt noch immer - in die Fresse, laut Publikum. Schiedsrichter Nagy will trennen, fliegt pl–tzlich in hohem Bogen durch den Ring, schl"gt hart auf, die Trillerpfeife rollt irgend- wohin. Der Saal tobt. Zw–lfhundert Men- schen schreien durcheinander. Entr¸stung? Begeisterung? Beides! Egal! Hier ist was los. Man kommt auf seine Kosten. Zwei Deutsche Mark sind bestens angelegt. Und selbst die Stehplatzleute am Ende des Saales kommen f¸r den halben Preis nicht zu kurz. ,Ein Roastbeef, aber sch–n durchbraten", be- stellt derweil ein Herr vom Nebentisch. Der Ober schreibt es auf und bekommt " . . genannt CATCH" ,Das ist sein gutes Redht', erkl"rt der Roast- beef-Mann. äBeim Catch, dem Freistilring- kampf, ist alles erlaubt.' Alles? Stimmt nicht ganz. "Verboten ist der Tiefsd¸lag, das Treten in die Weichteile, dem Gegner einzelne Finger umbrechen, dem Gegner mit gespreizten Fingern in die Augen stoþen, das Benutzen der Ringe als Kampfrequisit-, besagen die Catch-Regeln. Aber das ist alles. Und deshalb ist Catch kein Sport. Denn Sport erfordert Regeln und Disziplin, erfor- dert Achtung vor dem Gegner. Sport ist mehr als rohe Kraft. Auþerdem m–chte ich nicht f¸r jeden Verstoþ gegen die Regeln eine Mark bezahlen. Das w¸rde ein teurer Abend. Henggeler hat den Waniek inzwischen auf den Kopf gestellt und wuchtet seinen Sch" del auf den Boden, als muþte er den Hohen- zollernring pflastern. ,Hau ruck, hau rudc, t–nt es von allen R"ngen. Henggeler findet sogar den Takt dazu. Die Damen schlieþen die Augen, und Mariechen Herbeling sagt zu ihrem besseren Herrn: äHuch, der macht ihn ja tot!" Aber Henggeler macht ihn nicht tot. Er wirft den fast bewuþtlosen Gegner ¸ber die Ringseile. Der landet zwei Meter tief mit dem Kopf genau in einem Wasser- eimer. Blut und Wasser spritzen umher. "Das gute Kleid von Meyer & Co.", schreit Frau Minna Blameuser, Parkett 1. Reihe, Platz 16, denn sie hat was abgekriegt. Der Waniek r¸hrt sich nicht mehr. Der Laut- sprecher verk¸ndet, daþ der Kampf zu Ende ist und Henggeler gesiegt hat. Das gute Kleid zu 85 Mark 50', sagt Frau Blameuser und steht auf. Das Radio spielt Ansonsten, Herr Lutter, ist alles in Butter. Herunterreiþen Vorbei kommt Kollege Kemmerling von der ,Abendpost": N ahmt. Das nennen sie nun Sport. Sch–ne Schweinerei so was. Werde ich ganz nett herunterreiþen.' - - . - . - - - - - -, C
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