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Aufwärts
Jahrgang 4, Nr. 13 (June 30, 1951)
Dirx, Ruth
Der vielseitige Handschuh, p. 12
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e v v e I s ~ ~ ~ e c~es b_4 Ein Hut ist ein Hut, und ein Schuh ist ein Schuh. Aber welches unserer Kleidungs- st¸cke hat eine so vielseitige Bedeutung wie der Handschuh! Ein junges M"dchen beim Rendezvous, der Junge, der zur Arbeit geht, der Arzt, der Boxer. eine kartoffel- sch"lende Frau, jeder von ihnen traqt ihn in einer anderen Absicht. Als Rebekka ihrem Sohn die ersten Fellhandschuhe n"hte, hatte .sie wohl ganz einfach im Sinn, ihm damit die Finger zu w"rmen. Schon die Griechen wollten ihre Hande damit schonen, als Homer von seiner weiten Reise nach Hause kam, traf er seinen Vater gerade mit Handschuhen bei der Gartenarbeit. Im alten Rom trug man sie beim Essen - man speiste damals noch mit den H"nden-, um sich die Finger nicht zu verbrennen. Schon im fr¸hen Mittelalter begann man dem Handschuh eine symbolische Bedeutung bei- zulegen, eine Rolle, in der er sich jahr- hundertelang wohlget¸hlt hat. Seit er zur rTurnierkleidung des Ritters geh–rte, galt er als Standesabzeichen. Als solches hat er in der Rechtspflege einen eigenartigen Ruf be- kommen. Lange Zeit war er ein Symbol der .Macht und des Willens seines Besitzers. Wo ein neues Dorf gebaut wurde, hing der Hand- schuh des K–nigs am Eingang -auf einer Stange. Warf der Konig bei Gericht dem Richter seinen Handschuh hin, dann gab es keine Gnade mehr f¸r den Angeklagten. Ÿ;2hnliche Bedeutung hatte der ber¸hmte Fehdehandschuh, der, vor die F¸þe geworfen, den Abbruch der freundschaftlichen Bezie- hungen kundtat. Pariser Modesdiopier prasentierten zur Ball- saison dieses Hanucschuhgedicht aus Spitzentuil zur Nachtvogelmaske ,Eule" f'.i., Uim das Jahr 1000 begannen auch die Damen Handschuhe zu tragen. Die Exemplare aus dieser Zeit, die wir heute noch in den Museen anstaunen k–nnen, waren alles andere als handlich. Sie mussen als Einzelst¸cke mit groþer Sorgfalt anqefertigt worden sein, waren aber plump wie Kutscherf"ustlinge. Nur die St¸lpen weisen eine mehr als reich- Wihe Verzierung auf. Es handelte sich dabei wohl um reine Prunkstucke. Das "nderte sich mit dem Aufbl¸hen des Handwerks. Bald entwickelte sich eine aus- gedehnte Handschuhfertigung, und eine gut angezogene Dame war ohne Handschuhe undenkbar. Wie die Haushaltb¸cher der H–fe Dr Holzschnitt aus deni Jahr, 1556 zeigt einenr Steinschl"uer mit schweren ledernen Arbeitshand- schuhen beim Zerkleinern kupferhaltigen Gesteins. zeigen, trieb man besonders in Frankreich, das damals schon in Nlodefragen f¸hrend war, einen direkten Kult damit. Der Verschleiþ an Handschuhen war ungeheuer groþ. Karl VI1I., der im Jahre 251 Stuck verbrauchte, scheint in dieser Hinsicht den Vogel abgeschossen zu haben. Eine Blutezeit der Handschuhindustrie zog herauf. Man ¸berbot sich f–rmlich an aus- gefallenen Modellen. In Frankreich stellte man sie aus derart hauchd¸nnem Leder her, daþ ein Paar in einem Nadeld–schen Platz fand. Die Venezianer fertigten Handschuhe an, die nach s"mtlichen Wohlger¸chen Ara- biens dufteten. Diese waren besonders in der "galanten Zeit' des Rokoko beliebt. Bis vor 100 Jahren war der Handschuh noch ein Vorrecht der h–heren St"nde, und diese Bedeutung hat er erst sehr langsam verloren. Fast kann man ihn als ein Barometer des ,j-A ,Dieser Bruder %war fleiþig in seiner Prufession', steht unier dem Bild des Handschuhmachers Jobst Signiund Kraubitz 118. Jahrh.) Foios, Archiv Feldhaus sozialen Umschwungs betrachten. Er ist mit der Zeit Allgemeingut und ein unentbehr- liches w"rmendes Kleidungsstuck geworden. Nach Moglichkeit suchen wir heute das Praktische mit dem Sch–nen zu verbinden. Der Handschuh ist ein unentbehrliches modi- sches Attribut, und das Auge jeder Frau wird mit Entzucken auf den Sch–pfungen der Modekunstler verweilen - nur muþ sie allzuoft wehmutig verzichten, weil der schmale Geldbeutel ihr die Erf¸llung des Wunsches versagt. Ruih Dirx Ein Frankfurter Modehaus schuit den Handschuh f¸r Verliebte. Yes und no, sie sagen es mit den Fingerspitzen. Foto: lpa G ED AN K EN EI1N ER A R BEITE RI1N Manchmal denke ich, daþ das ganze Leben viel leichter und viel sch–ner w"re, wenn alle Menschen den festen Vorsatz fassen w¸rden, nichts Schlechtes voneinander zu reden. Ich meine so im Alltag. Wenn man zum Beispiel einmal davon ausginge, daþ nur die Leute mit den leeren K–pfen ¸ber ihre Mitmenschen klatschen, so w¸rde man sich auch ¸ber nichts mehr "rgern k–nnen, was einem sonst so zu Ohren kommt. Sogar die ãgute' Freundin w¸rde ihr Gift umsonst verspritzen. Da hat man sich nun seit einem halben Jahr Woche f¸r Woche ein paar Mark auf die Seite gelegt, um sich den Mantel leisten zu k–nnen, den man so n–tig braucht, und dann sagt die gute Freundin kaltl"chelnd: ãDer Mantel ist sch–n, ja, aber er zieht sich unten.' Nat¸rlich zieht sich der neute Mantel nicht, das weiþ man ganz genau, aber er ist einem jetzt jedenfalls gr¸ndlich verekelt, und das ist gerade das, was die ãgute' Freundin will. Eigentlidh kann sie einem ja leid tun, weil ihr sicher das Herz weh tut vor Neid. denn es schmerzt doch meistens, wenn man haþt. Dabei k–nnte man vielen anderen Menschen und letzten Endes sich selbst so leicht eine Freude machen. Auch die gute Freundin k–nnte es, wenn man nur ab und zu mal ein gutes Wort sagte. Es muþ aber ein aufrichtig gemeintes Wort sein und darf nichts mit Falschheit zu tun haben. Ein Wort, das von dem Wunsch beseelt ist, andere damit gl¸cklich zu machen. Vielleicht w¸rde man dann selbst auch etwas Ruhe finden in der Unrast der Zeit und in den ewigen Sorgen, die man als Arbei- terin hat. Ilse Hagedorn 12 e- k-
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