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Aufwärts
Jahrgang 2, Nr. 11 (May 21, 1949)
HA.
Sieg des Ersatz-Mannes, p. 14
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Sieg des &rsa 13- in at1111 es Der Engl"nder Pell wird von Kaindl im Ziel mit Brust- breite abgefangen. Fto: Archiv 20. August 1939. Das Weltbild war schon verd¸stert. Die internationale Spannung harrte der Ausl–sung. Bleischwer lag es auf den Ahnenden, und trotzdem k"mpften die Leichtathleten Englands und Deutschlands in K–ln an jenem 20. August 1939 ihren L"nderkampf. Wenig mehr als eine Woche, ehe der Krieg begann. Und wer wie ich an jenem Augustsonntag die Sportler beider L"nder eintr"chtig um die Palme des Sieges k"mpfen sah, dem war es bitter ums Herz in der Ahnung des Furchtbaren, das wenige wollten. Zu jenem L"nderkampf war auch Ludwig Kaindl aufgestellt. Zwar erst nur als Ersatz- mann, doch eines Trainerentschlusses wegen "nderte sich das Ganze, und dar¸ber be- richtet Kaindl: .Ich war einige gute Rennen ¸ber 800 Meter gelaufen, und man hatte mich als Ersatz- mann mitgenommen. Meine Spezialstrecke war damals der 3000-Meter-Hindernislauf. Sportlehrer Gerschler kam nun auf die Idee, mich an jenem 20. August ¸ber 1500 Meter -einzusetzen. Ich hatte ob dieses Entschlusses -einiges Herzklopfen, da ich bangte, ob ich die auf mich gesetzten Erwartungen erf¸llen konnte. Deutschland rangierte ¸ber 1500 Meter nicht gerade an erster Stelle, die Engl"nder dagegen besaþen eine Reihe her- vorragender Leute ¸ber diese Strecken. Sie liefen schon Zeiten unter 3,50 Minuten, w"hrend der deutsche Rekord auf 3,51 Minuten stand. In den Tagen vor dem Kampf war das Wetter ¸beraus pr"chtig, und wir alle waren fleiþig im Training. Die Bahn war pracht- voll in Ordnung, wof¸r K–ln ja bekannt ist. Und alle Sportler f¸hlten, auf dieser Bahn und bei diesem Wetter muþte es sehr sch–ne K"mpfe geben. Am Sonntagmorgen kommt nun der Trainer zu mir ins Zimmer, h"lt ein Papier in der Hand und sagt: ªLudwig, kannst du bei dem heutigen Rennen die erste Runde in 75 Sekunden, die zweite in 79 Sekunden und die dritte in 76 Sekunden laufen?´ Auf Grund der Trainingszeiten muþte es m–g- lich sein. Ich war ziemlich kleinlaut, doch der Trainer zerstreute meine Bedenken und gab mir Vertrauen, indem er sagte: ªSicher kannst du das, du bist in Form, und wenn du diese Rundenzeiten l"ufst, dann gibt das genau 3,50 Minuten, und das bedeutet neuer Deutscher Rekord." Mein Herz klopfte etwas st"rker, aber ich dachte... Nachmittags nach den ersten K"mpfen zog ein Gewitter auf. Gerade als Rudolf Harbig laufen sollte, muþte eine Pause eingelegt werden. Nachdem die Staubwolken sich etwas gelegt hatten, lief Harbig, trotzdem er hundsm"þig beisammen war, zweiTage vor- her kippte er beim Rasieren um, und ge- wann ganz groþ. Als ich am Start stand, begann es zu regnen. Man sagte mir - nun keine Rekordabsich- ten mehr, sondern nur auf Sieg laufen. Ich hatte eine Mordswut wegen des Regens. Vom Start an f¸hrte ich gleich die erste Runde im flotten Tempo. Gendu 77 Sekun- rlen., wurde mir zugerufen. Die Bahn ist genau 500 Meter. Die zweite Runde f¸hrte mein Kamerad Jakoh. Genau 75 Sekunden war die Zeit. Der Regen verst"rkte sich. Die bisher gelaufene Zeit war ausgezeichnet. Noch eine solche Runde, dachte ich, und der Rekord muþ fallen. Jakob lag noch vorne, dann ich, und hinter uns lag unser gef"hr- lichster Gegner, der Engl"nder Pell. 300 Meter vor dem Ziel wollte ich Jakob in der F¸hrung wieder abl–sen, doch er dachte, Pell wolle vorbei und zog etwas an, so daþ ich nicht vorbei kam. Pell lag auf derLauer, in dem Moment, wo ich wieder etwas kurz trat, ging er an mirvorbei. ErhatteseineChance genutzt. Wir waren schon mitten in der Kurve, und das Tempo wurde sch"rfer. Jakob fiel zur¸ck. Pell lag 5 Meter vor mir. Nun wurde es Zeit. Bis auf zwei Meter kam ich an Pell heran. Wir liefen in die Schluþ- gerade, doch konnte ich meinen Abstand nicht verringern, so sehr ich mich auch an- strengte. 50 Meter vor dem Ziel wollte ich die Sache schon aufstecken und mich mit dem zweiten Platz bescheiden. Da - fiel mir im hastenden Lauf wieder das Wort Rekord ein. Ich versp¸rte neue Kraft. Viel- leicht haben auch die Anfeuerungsrufe der Zuschauer meine Kr"fte aufgestachelt. Sechs, sieben Meter vor dem Ziel lag ich immer noch im gleichen Abstand hinter Pell. Da war es, als sei ich befl¸gelt, und buchst"b- lich mit den letzten Schritten zwang ich Pell nieder. Mit Brustbreite lag ich vorne. Die Freude war groþ, und die Zuschauer kargten nicht mit Beifall. Doch gr–þer wurde die Freude, als die Zeit bekannt wurde. 3,50,2 Minuten lautete die Zeit. Neuer deut- scher Rekord. Beim Start hatte wohl kein Mensch an meinen Sieg geglaubt, da ich doch nur als Ersatzmann aufgestellt war. Das war damals in K–ln. L"nderkampf gegen England. Zehn Tage, ehe der Krieg begann. M–ge es den Sportlern verg–nnt sein, jenes j"h zerrissene Band zu einem dauernden zu kn¸pfen. HA. Der 4. Mai 1949 wird in Italien im sport- lichen Leben als der schwarze Mittwoch von Turin' bezeichnet. Der italienische Fuþballsport wurde an diesem Tage von einem schweren Ungl¸ck betroffen. Die gesamte Mannschaft des FC Turin kam durch eine Flugzeugkatastrophe ums Leben. Die Mannschaft aus Turin war seit vier Jahren hintereinander italienischer Fuþ- ballmeister und stand auch in diesem Jahr vor der Meisterschaft. In der Mann- schaft standen allein 9 Spieler der Natio- nalmannschaft. Unter ihnen waren der phantastische Torwart Bacigaluppo und der St¸rmer Mazzola die hervorragend- sten Spielerpers–nlichkeiten. Besonders tragisch ist, daþ die Katastrophe ¸ber den D"chern der Stadt Turin erfolgte, in der der Club beheimatet war. Bei der R¸ckkehr von einem Spiel, in Portugal streifte das Flugzeug bei der Landung einen Kirchturm und kam zum Absturz, wobei alle Flugg"ste mit der Besatzung, im ganzen 31 Personen, verbrannten. Wenige Minuten nach dem Ungl¸ck schlossen als Zeichen der Trauer alle Turiner Gesch"fte, und die Menschen versammelten sich zu Hunderttausenden und wollten das Geschehnis nicht wahr- haben. Der Papst, der Staatspr"sident und zahlreiche andere f¸hrende Pers–n- lichkeiten sprachen ihr Beileid ¸ber den Rundfunk aus, der eine Minute Funk- stille einlegte. Die. Zeitungen ¸ber- schwemmten Italien mit Sonderausgaben. In kaum einem anderen Land ist die Be- geisterung und der Fanatismus f¸r den Fuþball so groþ wie in Italien. Kein an- deres Land besitzt so viele groþe Fuþ- ballstadien. Nur wer die s¸dl"ndischen Menschen kennt, weiþ, wie sehr dieses Ungl¸ck die italienische Offentlichkeit ersch¸tterte. Nach einem in Amsterdam gefaþten Be- schluþ des Internationalen Fuþballver- bandes k–nnen die einzelnen L"nder den offiziellen Spielverkehr mit Deutschland wieder aufnehmen. Wir wissen, daþ schon schweizerische Fuþballer, die dann in ihrer Heimat eine hohe Geldstrafe erhielten, schwedische Handballer in Deutschland spielten und auch ausl"ndische Radfahrer in Deutschland fuhren. Im Landkreis Hannover wurde ein Fuþ- ballspiel zu Wohlt"tigkeitszwecken aus- getragen. Die beiden Mannschaften setz- ten sich aus Mitgliedern der Kirche und Beh–rden zusammen. In einem Tor stand ein Pfarrer, im anderen ein Gemeinde- direktor. 1* J 1 1
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