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Drews, Richard; Kantorowicz, Alfred, 1899- (ed.) / Verboten and verbrannt, deutsche Literatur 12 Jahre unterdrückt
([1947])
Wilhelm Herzog, pp. 65-66
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WILHELM HAiUSENSTEIN 1882 in Hornberg (Schwarzwald) geboren, Kunsthistoriker und Landschaftsschilderer, Essayist und kundiger Fiihrer durch die Hauptstidte Europas, schrieb zahlreiche Biicher kunstgeschichtlichen, kulturhisto- nischen und landschaftskundlichen Inhalts. Wahrend der Hitlerzeit durfte er (wegen ,jtdischer Ehe") nichts veroffentlichen. 1938 wurde seine allgemeine Kunst- geschichte auf Befehl des ,Propaganda- ministeriums" und der Gestapo einge- stampft, weil er sich dem Belehl wider- setzte, die Namen jiidischer Meister zu streichen. - Fur seine' eindringliche Darstellungsgabe zeugt der seinem 1929 bei Knbrr & Hirth erschienenen kunst- geschichtlichen Buch ,DRINNEN UND DRAUSSENv entnommene Abschnitt: Salzburg ist nicht einfach ,,elne Stadt'. Salzburg ist elne Welt: reich In einem aufregenden Mal3e, mannigfach zusammengesetzt und sehr einheitlich; gedrangt und weit, heiter und gewichtig, ein herrliches Bauwesen, das mit der Natur verbunden, ja verschmolzen ist; eine Stadt voll k6stlicher Land- schaftlichkeit, im Baulichen von einer fast schon tropischen t'ppigkeit und doch wieder mit baumeisterlicher Weisheit abgemessen. Es strotzt von schonen, von hochst merkwurdigen Kirchen aller Zeitalter groBer Kunst- geschichte; eine machtige Burg zeigt droben in der Hohe einen kraftigen, unbedenklichen Trutz, weltlichen Trutz der Herren an, die in dieser Stadt als ,,Fursterzbischofe" regiert haben. Es gibt in dieser Stadt ruhrende bau- liche Urkunden eines ganz friuhen und ganz innigen Christentums - und, uber diese Urkunden hin, die ans Herz greifen, wuchert die sinnliche Fuille spaterer Epochen: der Renaissance, des Barocks. Du wanderst durch die Stadt, der Gewalt baulicher Eindrficke hingegeben; mit einem Male ist die Brucke da, die Uber die lebendig stromende Salzach fNhrt - und siehe, das naturliche Element, das reilende Wasser ist noch schbner als die Menschenstadt, durch die es flie2t; von der Mitte der Brucke siehst du auf Berghange, an denen smaragdgrun die Wiesen liegen und schwarzlichgrtin, blaulichgrun, ein wenig tintig die Fichtenwalder hinauf- wachsen. Rings sind Berge, begriinte Berge, nicht die' hochsten also, aber doch Be~rge, die ahnen maehen, daB hinter ilhnen die Welt der steinernen und alsbald auch eisigen Alpen anfangt. Salzburg ist eine Alpenstadt; aber dennoch kann das Klima sUB sein wie in einer Oase, warm, treibend. WILHELM HERZOG Einer der mutigsten Publizisten, der Her- ausgeber der wahrend des ersten Welt- krieges beherzt fur Vblkerverstdndigung und Pazifismus eintretenden Zeitschrift ,.Das Forum", Verfasser einer Kleist-Bio- graphie und eines D~amas fiber den Drey- fus-ProzeB. Er emigrierte 1933 nach Frankreich, entkam aus dem Internie- rungslager und wandte sich spaiter nach den USA, wo er heute noch lebt. Aus einem im Juli 1915 im Forum erschiene- nen Artikel des 1884 in Berlin geborenen Publizisten zitieren wir zwei bezeichnende, Abichnitte tiber die ALLDEUTSC11PN: Alles, was die Alldeutschen wollen, scheint mir bis aufs Blut bekampfens- wert. Die Primitivitat ihrer Weltanschauung, der Idiotismus ihrer Rassen- theorien, ihr roher und menschenfeindlicher Idealismus, der klotzige Ehrgeiz ihrer Weltmachtspladne bei sichtbarem Mangel jeder Verfeinerung, ihre Gleichgiultigkeit dem Menscklichen gegenuber, ihr Pochen auf die brutale Macht.
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