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Drews, Richard; Kantorowicz, Alfred, 1899- (ed.) / Verboten and verbrannt, deutsche Literatur 12 Jahre unterdrückt
([1947])
Gerhard Grindel, p. 52
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lung und damit zu meinem Werke komme? Ich habe lange genug die Zeit In mich hineingetrunken, ich war besoffen von vielen Gegenwarten, darf ich endlich den Unruhe-Stand verlassen? Kann ich endlich aus dem aktiven Dienst der Zeit scheiden? Was kann ich schaffen in zehn Jahren Stille - aber wie kann ein Zeitungsmensch von zehln Jahren Stille sprechen? GERHARD GRINDEL Der 1902 in Berlin Geborene studierte Kunstgeschichte und war schon frlhzeitig schriftstellerisch tatig. Auslandsreisen fUr Theater, Kabarett, Film. Von 1931 an blieb er in Berlin und arbeitete mit Ernst Ldnner (von der Piscator-Schule) an Auf- ftlhrungen von antifaschistischen Sttlcken in den Arbeitervierteln. In Textbearbei- tungen und Chansons entbloBte er die Ge- fUhlsverlogenheiten und die Schein-Ver- nunft, mit denen die Arbeiter vom Na- tionalsozialismus eingefangen wurden. Als Vertreter der Menschenrechte erhielt er bereits im Februar 1933 Schreibverbot. Er lebte und arbeitete ,,getarnt" sowohl schriftstellerisch und politiseip weiter, wurde 194i zur Zwangsarbeit gebracht und nur durch den schnellen Vormarsch der Roten Armee auf Berlin gerettet. Er wurde nach dem Zusammenbruch schnell als Publizist bekannt. Grindel formuliert seine gegenwdrtige Stellungnahtne folgen- dermal~en: ,,Wie ich mich damals gegen die drohende Hitler-Diktatur wandte, wende Ich mich heute gegen die kommu- nistische Bedrohung der Freiheit und Rechtssicherheit, sowohl als politischer Leitartikler der _,sie" wie als Kunstkriti- ker und Herausgeber des Dionysos." Dhs hier abgedruckte CHANSON Gerhard Grin- dels stammt aus einem StUck des er- v(ifhnten antifaschistischen Theaters: Die Damen Im Wohltatigkeitsverein: ,,Es muB was geschehen, Hundert Em eir Sonst ist es zu spdt. Wir nehmen Sc Ich kann nicht mehr sehen, Hundert Em eir Wie der Hungernde, Tja, man hat d Der arbeitslos Lungernde Auf dem richti Unter die Rdder gerdt. Wir leiden bei Ein Balll Feinste Schichten. Hungergeschrei Viel Orden. Vie] Frdcke. Wir tanzen fiur Au) Biltten berichten: Unsre Schuhe e ,Wohltdtige Zwecke. So sind wir zu Wir dffnen als Christen Opfer bereit, Spendabel die Tasche. Fur die Wohltt Wir trinken drum Sekt, Fir die Wohltd Deren Gatten im Krlegerverein : ,,Mal herh6r'n, ihr Guten, Kommt wieder Wir brauchen mehr Macht, Da klettern die Wir brauchen Rekruten. Da habt ihr, wi Dann sind die Hungernden, Das nennt man Die arbeitslos *Lungernden Staatsokonomie Prima untergebracht. --- Und wenn Militdr. Stramme Haltung. Gibt's Tote, VE Parade. Famos. Und Blinde unc Nationale Entfaltung. Vertrieb'ne, Ge Na also. Ganz groB. Dann seid I h r Gott segne das Handwerk: Dann ist es so Ein Heer braucht Monturen. Dann zahlt ma Die Aufrilstungswirtschaft Die Herrlichkei ie Flasche. iuper, i Gedeck. as Herz gen Fleck. euerm euch" n tzwei. jedem ltigkelt. itigkeit.' rau Touren. e Lohne. !e nie. moderne n es dann losknallt- erletzte, I Krilppel, hetzte - die Opfer. weit. I fdir it., 52
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