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Drews, Richard; Kantorowicz, Alfred, 1899- (ed.) / Verboten and verbrannt, deutsche Literatur 12 Jahre unterdrückt
([1947])
Ernst Blass, p. 24
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ERNST BLASS Schrieb vorwiegend Lyrisches (,,Die Strale komme ich entlan, geweht", ,,Die Gedichte vom Sommer und Tod"). Er ist, von den Nazis verfemt, vor einigen Jah- ren In Deutschland gestorben. Aus der seinerzeit von Rudolf Kayser herausge- gebenen Anthologie ,,VERKtJNDIGUNG" stammt das hier abgedruckte Gedicht: Nun herrschen fiber Ihn der Fremde Geister, Und nur der Wind ist ein bekannt Geleit. Nun ist er abgeschieden und verwaister Als jemals in erwunschter Einsamkeit. Ihn fuhrten fort die unsichtbaren Meister, Und selbst ihr Hohn verlieB ihn vor der Zefl Nun schrillt im Walde blinder und ergreister Baumstdmme uiber ihm der Wolken Streit. Ein wandernd Wesen mit verlorenen Sinnen Ist seine Seele, von der Not verheert, Rufen der Angst hebt an, ihm zu entrinnen . . . Da aber wird die Trostung neu gewahrt: Des Echos Antwort tbnt nach klemner Weile Wie eine ferne Botschaft von dem Heile. ERNST BLOCH Sein erstes Werk: i,Geist der Utopie", eigenwillig in der philosophischen Auf- fassung und im Stil, blieb den meisten unbekannt; eine andere Schrift: ,Durch die Wtiste", nicht minder geistreich wie sein Hauptwerk und eine Art geistiger Bestandaufnahme der Zeit vor 1933 in Form einer Auseinandersetzung mit Spengler und anderen Popular-Philo- sophen, blieb ebenfalls nur einem klemen Leserkreis vorbehalten. Viel bekannter wurde seine Biographie: ,,Thomas MWin- zer". Im Exil schrieb er u. a. ,,Erbschaft dieser Zeit" und ,,Freiheit und Ordnung". Das philosophische Gesamtwerk Ernst Blochs, das 16 his 18 Bande umfassen wird, harrt der Herausgabe in Deutsch- land; es wird ihn als einen der groien, richtungweisenden Denker unserer Epoche legitimieren. In seinem Werk ,,GEIST DER UTOPIE" schreibt der 1885 in Lud- wigshafen Geborene Uiber Gustav Mahler: Ganz anders wird uns bei Mahler zumute, diesem heftigen, strengen, JO- dischen Mann. Noch immer reic en die Ohren nicht aus, um mit diesem GroBen zu fuhlen und ihn zu versXehen. Er gilt immer noch wesentlich nur als der bedeutende Dirigent, und mancher elende Zeitungsschreiber wagt durnhaus ohne Schamrote zu fragen, ob Mahler uberhaupt dazu berufen war, zu oromponieren, als ob es sich hier um die funf oder sechs schwankenden Lei- stungen eines Harmonieschuilers handelte. Fast keines der symphonischen Werke wird aufgeftihrt; und wenn es Seschieht, dann bleibt das Ergebnis zumeist ein verlegenes Schweigen oder aber jenes bodenlos gemeine Ge- schwatz vom Mahlerschen Jtideln oder Scheintitanentum, mit dem sich die sonst alles genietenden Strohwische vor der ihnen freilich artfremden Rein- heit des Ernstfalles zurechtfinden. GewiB, er ist nicht mtihelos, auch wollen wir nicht sagen, daB der gesucht simple und deutschtuimelnd sentimentale Kram vieler Mahlerschen Lieder, vor allem die aus des Knaben Wunderhorn, 24
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