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Germany (West). Bundesministerium für Gesamtdeutsche Fragen. / Polit-Kunst in der Sowjetischen Besatzungszone; "III. Deutsche Kunstausstellung 1953" Dresden.
(1953)
Die Methoden der Kunstdiktatur, pp. 39-40
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DIE METHODEN DER KUNSTDIKTATUR Aus einem vertraulichen Bericht eines sow jetzonalen Kiinstlers ,,Am ersten Tag konferierte die Jury (bzw. der linientreue Teil davon) hinter verschlossenen Tiiren. Prof. Gute, Magritz und Ernst Hofjmann*) von der Staatlichen Kunstkommission gaben die Marschrichtung aus fur die Art der Jurierung. Zur Jury nicht erschienen waren u. a. Seitz, Albiker und Cremer**) (letzterer erst am 5. Tag). Die westdeutschen Kollegen, die in der Minderheit waren und daher grundsiitzlich iiberstimmt wurden, hatten wohl zunachst noch keine klare Vorstellung davon, welches Spiel gespielt wurde. Als sie langsam zu begreifen und zu protestieren be- gannen, war es bereits zu spat. Klassisch in diesem Moment ist der Ausspruch eines solchen Jurymitgliedes: ,Da solle die Kommunischte ihren Mischt alleine mache'. Die westdeutschen Jurymitglieder wurden derartig iiberwacht und jedes einzelne West-Ost-Gespriich so rigoros unterbunden, dalg es einem Kollegen, den wir zur Beobachtung nach Dresden geschickt hatten, nur unter aiuBerster Gefahr und grolter Raffi- nesse gelang, sie fur kurze Zeit zu sprechen und sie fluichtig zu in- formieren. Der technische Ablauf der Jurierung vollzog sich folgendermaBen: Von den knapp 4000 eingesandten Arbeiten wurden in anderthalb Stunden 250 juriert. Das bedeutet etwa 3 Arbeiten pro Minute. Name und Wohn- ort des Kiinstlers wurden jeweils vor Jurierung einer Arbeit genannt; Gute oder Hoffmann kommentierten mit wenigen Worten, worauf die Linientreuen, die ja stets in der Mehrzahl waren, sich dieser Meinung anschlossen. Auf diese Weise konnte dann genau das gewiunschte Bild der Ausstellung erzielt werden. Es liiBt sich mit wenigen Worten skizzieren: An Themen sind besonders wiinschenswert: vielfigurige Bilder opti- mistischen, zukunftstraichtigen Inhalts, die den Wehrwillen und die Wehr- freudigkeit der Sowjetzonenjugend heben sollen und dem Ausbeuter- system in der Wirtschaft Vorschub leisten. Man bezieht sich dabei gern auf die nationale deutsche Tradition, unter der man eine barbarisierte Mischung von Ludwig Richter, Paul Klinger, Schinkel und Arthur Kampf versteht mit einem schielenden Seitenblick auf die jetzige Sowjetmalerei, die selbstverstandlich unerreichbares Vorbild ist und auch zu bleiben hat. Den Vogel in Dresden hat Rudolf Bergander mit seinen Schiilern abge- *) Hoffmann, Ernst, SED-Funktionar, Berlin, Mitglied der Staatlichen Kommission fur Kunstangelegenheiten. **) Cremer,Fritz,Professor,Berlin,Mitglied derAkademie der Kiinste der ,,DDR". 39
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