Page View
Aufwärts
Jahrgang 20, Nr. 7 (July 15, 1967)
Dohrenbusch, Hans
Israel muß geschützt werden, p. 2
Page 2
Es war kein Geringerer als der Minister- präsident der Sowjetunion, der vor der Vollversammlung der UNO diese un- sinnige Behauptung als erster aufstellte. Israels Außenminister trat ihm gebüh- rend entgegen. Harte Worte fielen. Ein biblischer Vergleich drängt sich auf. Der kleine David stand gegen den Riesen Goliath, der ihn mit einer Hand erwürgen wollte. David hatte nur die Schleuder und einen Kieselstein. Damit kam er Goliath zuvor. Soll nun auch er als Aggressor verurteilt werden? hafte Widerstand der Juden im War- schauer Getto ist eine Ausnahme. Und ich erinnerte daran, daß schließlich fast die gesamte Welt aufgeboten werden mußte, um die Naziherrschaft zu besei- tigen. ~Wir aber werden kämpfen. Und wenn wir alle zugrunde gehen", sagten sie dann. Was liegt solcher Äußerung zugrunde? Es war arabisches Land, in dem nach dem Ende des Krieges viele Juden end- lich eine Heimstatt fanden. 1948 wurde der kleine Staat Is'rael gegründet. Die Sowjetunion war es, die als erste Groß- macht den Staat anerkannte. Und dann strömten aus fast allen Ländern der Erde die Juden nach Israel. Sie kamen aus Konzentrationslagern, aus der Emigra- den armen arabischen Staaten an, aber sie wurden abgewiesen. Statt dessen bekamen sie auf ihre Hilfsangebote Drohungen über Drohungen, zu gege- bener Zeit werde man die Israelis bis auf den letzten Mann vernichten. Und dann marschierten die arabischen Staaten mit ihrer gesamten militärischen Macht an den Grenzen Israels auf. Ins Meer sollten die Israelis getrieben wer- den, und keiner sollte überleben. Wir wissen heute, wie sehr es anders kam, wie die feindliche Obermacht in wenigen Tagen vernichtend geschlagen wurde. Aber der Sieg ist kein Friede. Seltsame Behauptungen wurden laut Das sich gegen die Vernichtung wehrende Israel soll zum Aggressor gestempelt werden. Erfahrungen der letzten Zeit, als müsse Israel vor seinen Bedrohern mehr ge- schützt werden, als die Bedroher vor Israel. Die lädierte UNO wird den Frieden in diesen Ländern kaum schützen kön- nen, wenn sie nicht von der Sowjet- union und Amerika tatkräftig unterstützt wird. Die Verantwortung liegt nach wie vor bei den beiden Großmächten, die hier (und auch in Vietnam) den Beweis liefern müssen, daß es ihnen mit dem Frieden auf der Welt ernst ist. Keiner weiß mehr als diese beiden Großmächte, wie sehr er notwendig ist, um das atomare Grauen auf der Erde zu verhin- dern. Hans Dohrenbusch Denken statt dienen E s war eine bemerkenswerte Veranstal- tung. Die Industriegewerkschaft Druck und Papier hatte ihre Jugendleiter aus dem Landesbezirk Nordrhein-Westfalen eingeladen zu einer dreitägigen Arbeits- tagung. Mit Sonderbussen kamen sie an, aus allen Ecken des Landes, und man konnte es den Teilnehmern ansehen, daß sie außer ihren persönlichen Utensilien auch einen großen Tatendrang mitge- bracht hatten. Den konnten sie auch gut gebrauchen, denn die Tagung hatte sich eine Menge vorgenommen. Es begann mit zwei Referaten vor ~ver- sammelter Mannschaft". Anschließend ging es weiter In drei Arbeitsgemein- schaften, von denen jede ein konkretes Thema zu behandeln hatte. Arbeitswelt, Politik, Wirtschaft, das waren die Themenbereiche, um die es ging. Die Teilnehmer konnten sich übrigens ihre Arbeitsgemeinschaft selbst aussuchen, was den Vorteil hat, daß jeder auch das erforderliche Interesse für das jeweilige Thema mitbringt. So war es weiter nicht verwunderlich, daß sich recht schnell in allen drei Arbeitskreisen eine lebhafte Diskussion entwickelte. Diskussionen, die gezeigt haben, daß sich junge Ge- werkschafter recht ernsthaft mit Staat und Gesellschaft, mit Wirtschaft und Po- litik auseinandersetzen. Natürlich wurde so manche herbe Kritik angesetzt, natür- lich wurden nicht alle Beiträge in wohl- gesetzte Worte formuliert. Aber darauf kam es ja gar nicht so sehr an. Wichtiger war der aufrichtige, faire Meinungsaus- tausch, und der hat in der Tat stattge- funden. Es war gar nicht einfach, in der vorgese- henen Zeit zu übereinstimmenden Ergeb- nissen zu kommen. Auch Detailprobleme wollten erst mal gründlich besprochen werden, Aber erfreulicherweise gab man sich in keiner Gruppe mit dem Bespre- chen allein zufrieden. Zu allen drei The- men wurden nach der versuchten Be- standsaufnahme auch Vorschläge erar- beitet wie man das eine oder andere ver- ändern könnte. Und so ergab es sich ganz von selbst, daß die Ergebnisse der Arbeitsgemeinschaf- ten, die allen Teilnehmern vorgetragen wurden, erneut Zündstoff abgaben für weitere Diskussionen. Der Staatsbürger in der Demokratie, so hieß zum Beispiel die eine These, ist bestenfalls in seiner Freizeit unabhängig. In der Arbeitswelt ist er noch immer Untertan. Die Gefahr besteht, daß dort seine ganze Verhaltens- weise, also auch die politische, entschei- dend geprägt wird. Nur eine entspre- chende Mitbestimmung kann aus dieser verhängnisvollen Lage herausführen, so lautete das Fazit dieser Gruppe. Woraus sich aus dem Plenum sofort Fragen er- gaben wie: Will der Arbeitnehmer denn miltbestimmen? Und wenn, ist er dazu auch in der Lage? Nun, die Berichterstat- ter waren um Antworten nicht verlegen. Mit Recht wiesen sie auf die entschei- dende Rolle der Bildung und der staats- bürgerlichen Erziehung hin, die bei uns leider noch immer stark vernachlässigt wird. Kurzum, es war eineTagung mit',Pfeffer". Und trotz des strömenden Regens war der gemeinsame Besuch der Maikund- gebung in Bielefeld noch ein krönender Abschluß. Man darf sicher annehmen, daß die Tagung ein Schritt war auf dem langen und beschwerlichen Weg vom Dienen zum Denken. - winn - Pomp veranstaltete, der auch in gar kei- nem Verhältnis zu der Bedeutung dieser Person stand, als das größte Aufgebot an Polizeikräften, das die Bundesrepublik je sah, etabliert wurde, brach eine Schah- hysterie aus. Und so kamen die, die dar- auf hinwiesen, daß unter der Herrschaft des Schahs im Iran oppositionelle Men- schen ins Zuchthaus gebracht, gefoltert und getötet wurden, in den Geruch der Ruhestörer. Das ist kein schlechtes Prä- dikat, denn in einer Demokratie ist das oft notwendig. Und es ist ein verbürgtes Recht, daß gegen Unmenschlichkeiten, von wem sie auch geschehen mögen, öffentlich und lautstark protestiert wer- den darf. Wer gegen dieses Recht ist, ist auf dem Wege der Diktatur, denn er schaltet ein demokratisches Recht aus. Wer aber für eine lebendige Demokratie ist, der sollte sich freuen über jeden Pro- test, der sich gegen die Verletzung der Menschenrechte erhebt. Der Senat unserer Hauptstadt Berlin ist anderer Meinung. Er bedauerte, daß ein ~Gast der Bundesrepublik beschimpft und beleidigt" worden ist, denn dadurch wurde nach der Meinung des Senats das Ansehen Berlins geschädigt. Seiner Mei- nung nach ist Ruhe und nicht Unruhe über Unrecht die erste Bürgerpflicht Gewiß - Mehl, Tomaten und Eier sind Nahrungsmittel, sie ersetzen keine Argu- mente, aber Revolver und Knüppel, die von Polizisten in Berlin gebraucht wur- den, sind schon gar keine Argumente, denn sie brachten viele Verletzte und den Tod eines jungen Menschen. Wir lassen an anderer Stelle dieser Ausgabe den Ordinarius für Soziologie an der Kölner Universität, Professor Erwin K. Scheuch, über die Vorfälle in Berlin zu Wort kom- men. Und wir möchten noch vermerken, was der Fraktionsführer der SPD, Helmut Schmidt, am Schluß einer Rede im Bun- destag sagte: <Eine Gesellschaft, die mit einem nicht unbedeutenden Teil der heranwachsen- den Generation in solchem Spannungs- verhältnis lebt wie wir heute, die hat Grund zur kritischen Untersuchung aller Bereiche des gesellschaftlichen Lebens und aller möglichen Ursachen." Hadobu ~aufwärts", illustrierte Zeitung des Deutschen Gewerkschaftsbundes für junge Menschen. Erscheint im Bund- Verlag GmbH, Köln-Deutz, Postfach 409. Verlagsleiter: Wilhelm Biedorf. Verantwortlich für Inhalt und Gestal- tung: Hans Dohrenbusch. Tel. 82821. ~aufwärts" erscheint monatlich ein- mal. Bestellung durch die Post. Se- zugspreis durch die Post vierteljähr- lich 1,50 DM einschließlich Zustell- gebühr. Unverlangt eingesandten Ma- nuskripten muß Rückporto beigefügt werden. Kupfertiefdruck: dumont presse, Köln
This material may be protected by copyright law (e.g., Title 17, US Code).| For information on re-use see: http://digital.library.wisc.edu/1711.dl/Copyright