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Aufwärts
Jahrgang 16, Nr. 10 (October 15, 1963)
Ott, Günther
Menschen - gezeichnet, gemalt und modelliert, pp. 20-21
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b 9 am - sr be, .Fra@Ocbe HE,' wem JOl TdMW Menschen - gezeichnet, gemalt und modelliert Eine jldisc-chr-stlic" Kunstausstellung im Folkwang-Museum J üdisch-christliche Zusammenarbeit" - auch auf künstlerischem Gebietl Dafür hat sich das Essener Folkwang-Museum stark gemacht. Eine Ausstellung von Gemälden, Grafiken und Plastiken von Lea Steinwasser, Hannah Mirjam Cavin und Joel Taffy wurde hier gezeigt, und Museumsdirektor Dr. Paul Vogt gab seiner Hoffnung Ausdruck, daß eine solche Veran- statung -als Symbol gewertet werden möge für eine bessere Zusammenarbeit in gegen- seitigem Verstehen und gegenseitiger Ach- tung, wobei die über alle Grenzen verständ- liche Sprache der Kunst auch hier berufen ist, ihre Rolle als Vermittlerin und verbindende geistige Kraft auszuüben..." Vertieft man sich in die mehr als 100 ausge- stellten Arbeiten, so wird man feststellen, daß die künstlerische Qualität der einzelnen Aus- steiler, teils auch innerhalb eines Werkes, sehr unterschiedlich ist Lea Steinwasser z.B. versucht sich in den verschiedensten Stilen, gelangt aber nur selten zu einer intensiven künstlerischen Aussage. Mancher Kunstex- perte wird daher fragen, ob - aus künstle- riecher Sicht - ein Museum, noch dazu ein so prominentes wie das Folkwang-Museum, seine Tore derartiger Malerei öffnen sollte. Darüber läßt sich streiten, um so mehr, als die Themen zweifellos wert einer Gestaltung wären. Suchen wir nach dem <Symbol", von dem Dr. Vogt spricht, so muß die Biographie der Künstlerin herhalten: In Wanne-Eickel gebo- ren, Obersiedlung nach Berlin, Kriegsjahre, Auswanderung nach israel, Erlebnis des arabisch-israelischen Krieges, dann New York, von dort nach Texas, schließlich seit die- sem Jahr wohnhaft in Düsseldorf. Dies Nicht- zur-Ruhe-Kommen, das Gehetztwerden und damit das schuldlose Umherirren ist symbol- haft für das jüdische Volk und verdient unser Mitgefühl und sollte - namentlich in Deutsch- land - immer wieder dokumentiert werden. Mag man hier und da dann auch weniger quali- tätavolle Kunst, sofern das ehrlich ausge- sprochen wird, in Kauf nehmen. Im Essener Museum lernt man ferner die Bild- hauerin Hannah Mirjam Cavin kennen. Sie formt eindrucksvolle Köpfe, konfrontiert uns mit Martin Buber, Max Brod, Albrecht Goss, Joel Taffy - mit Persönlichkeiten aus I ,ra, Japan, den USA, der Schweiz und den Nieder- landen, Belgien, Ägypten, Osterreich, Schwe- den und Deutschland. Die Stationen Ihres Porträtierens zusammen mit denen Ihres Le- bensweges lassen ebenfalls die Tragik des jüdischen Einzelschicksales wie des ganzen Volkes erahnen. Geboren ist Frau Cavin in Wien; sie studier im dritten Semester an der Kunstakademie, als Hitler den ~Anschluß" Österreichs pro- klamiert. Mit ihrer Familie kann sie in das nahe Rumänien fliehen. Zwei schöne Jahre ver- bringt sie zwischendurch in Stockholm, wo sie bei einem aus München emigrierten Bidhauer lernt. In Rumänien, das inzwischen an der Seite Deutschlands in den Krieg eingetreten ist, ringt sie um Ihr Dasein. Nach dem Kriege - neue Hoffnung! Die Bildhauerin stellt im Offl- ziellen Salon der Rumänischen Volksrepublik aus, verläßt schließlich aber auch dieses Land. 1961 gelingt es der Familie endlich, den freien Westen zu erreichen. ,Jetzt, nach zwei Jahr-
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